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Aus dem Archiv (Ausgabe 12/1986): Metallica – Die neue Ära nach Cliff Burtons Tod

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Aus unserem Archiv zum 32. Todestag von Cliff Burton:

Der Original-Bericht aus METAL HAMMER 12/1986! 

8. November: keine typische Samstagnacht in der Stadt der Engel, obwohl alles so aussieht wie immer-, überfüllte Straßen, Polizeisirenen, deren Echos durch den Sunset Boulevard hallen. Hier pulsiert das Leben, aber irgendetwas Besonderes liegt in der Luft, heute Nacht wird etwas Ungewöhnliches und Besonderes passieren. Es ist fast 22.00 Uhr und die Schlange der Konzertbesucher steht noch immer vor dem 800 Leute fassenden Country-Club in Reseda.

Metal Church aus Seattle sind heute die Headliner, davor spielt neben den Lokalmatadoren Heretic noch ein nicht namentlich genannter Special Guest. Was damals noch niemand weiß: dieser „Special Guest“ hat in der Geschichte der Rockmusik längst einen festen Platz.

Metallica sind vom Schicksal schwer geschlagen worden, aber hier sind sie wieder, nur 43 Tage nach dem Unglück, aber schon wieder mit voller Kraft. Auf dem Balkon in der Halle sitzen zwei Girls, die ängstlich auf den ersten Akkord warten. Für die Rechte, die langjährige Freundin von Cliff Burton, ist dieser Abend das Ende einer Ära. Für die Linke, die Freundin des neuen Mannes, Jason Newsted, ist dies ein neuer Anfang. Metallica lieferten eine tierische Show ab, und ohne hastig daherzureden, kann man wohl jetzt schon sagen, daß diese Band mehr Potential hat als je zuvor. Newsted fügte sich hervorragend in die Band ein. In einem „Kill Em All“ -T-Shirt war es kaum zu glauben, daß dies Jasons erster Gig mit Metallica war. Sie lieferten mit spielerischer Leichtigkeit einen Set ab, der eine Stunde und vierzig Minuten dauerte und eine vollkommen begeisterte Zuschauermenge hinterließ.

Das Programm war gleichzeitig auch das für Europa geplante und das Publikum hier wird nicht von Metallica ll enttäuscht sein, bei denen Jason Newsted nebenbei auch noch einen guten Job als Backgroundsänger abliefert.

Im folgenden Interview schilderte Frontmann James Hetfield, was in der schicksalhaften Nacht in Schweden passierte und wie es danach um das Gefühl innerhalb der Band bestellt war:

„Wir waren auf dem Weg von Stockholm nach Kopenhagen. Der Busfahrer sagte, wir seien auf eine überfrorene Stelle gekommen, aber ich habe die ganze Straße abgesucht und nichts gefunden. Der Bus war die letzte Schrottkarre. Es war keiner dieser Busse, wie man sie in Amerika kennt, er war einfach zu einem Tourbus umfunktioniert worden. Die Betten waren aus irgendwelchen Resten zusammengenagelt und so schlecht, daß ich die ganze Nacht nicht schlafen konnte. Mein Bett war oben, gegenüber von Cliffs Bett. Es war wirklich eine Katastrophe und um nicht zu kotzen, habe ich mich dann nach hinten in den Bus verzogen, ich bin in dem Moment wachgeworden, in dem der Bus über die Böschung schleuderte, Cliff durch die Windschutzscheibe herausgeschleudert und vom Bus zerquetscht wurde.“

Fünf Tage vor dem Unfall bin ich, nachdem ich Metallica auf ihrer Schottland Tour begleitet hatte, nach Amerika zurückgeflogen. Mein Hauptgedanke war, daß alles in einer Gegend geschah, wo man nur schwer auf schnelle Hilfe hoffen kann.

„Nein, das war kein Problem. Es war gegen 7 Uhr, und wir fuhren nicht allein auf der Straße. Eine Menge Leute hielten an, um uns zu helfen, und kurze Zeit später war auch eine Ambulanz da.“

Wußtest Du hinten im Bus, was geschehen war?

„Ich habe bemerkt, wie der Bus auf den Grünstreifen kam. ich konnte auch unseren Baß-Roadie John schreien hören, der seinen Rücken verletzt hatte, weil die große Kaffeemaschine auf ihn raufgerutscht war und der heiße Dampf alles umnebelte. Mein Gitarrenroadie, der auch vorne geschlafen hatte, schrie; ihm war eine Eisenstange in den Nacken gefallen, und die Planke, auf der er gelegen hatte, lag jetzt auf ihm. Ich erinnere mich, daß der Motor noch fünf Minuten nach dem Unfall lief, ich hatte eine höllische Angst, daß mir der ganze Scheiß um die Ohren fliegt. Als es mir endlich gelang, hinten rauszukommen, sah ich Cliff. Neben ihm lagen noch ein paar andere Typen. Sie haben es auch viel später bemerkt. Es war gräßlich“

Wie ging es den anderen?

„Bobby renkte sich die Schulter aus, Lars brach sich einen Zeh und Kirk hatte eine anständige Beule an seinem Schädel. Allen anderen war nichts passiert.“

Habt Ihr nach Cliffs Tod mit dem Gedanken gespielt, die Band aufzulösen?

„Nein, das ist uns nie in den Sinn gekommen. Am Morgen nach dem Unfall sind wir sofort nach San Francisco zurückgeflogen. Wir setzten uns sofort mit unserem Management zusammen und entschieden, es sei das beste weiterzumachen.“

Und hat das geholfen?

„Absolut. Es war schlimm, nur rumzusitzen und nichts zu tun. Fuck that shit! Schon zwei Wochen nach seinem Tod haben bei uns andere Bassisten vorgespielt. Wir haben uns durch eine Menge Leute durchgehört. Achht am Tag und das fast eine Woche lang, in dieser Woche müssen wir Master Of Puppets‘ wohl an die fünfhundert Mal gespielt haben. Andere Songs, mit denen wir die Leute gecheckt haben, waren ‘For Whom The Bell Tons: Damage inc’ und (Welcome Home) Sanitarium‘, aber es hat uns angekotzt alles so oft zu spielen. Wir wußten, daß wir unseren Mann bei Master Of Puppets‘ finden würden, weil eine Menge Wechsel in diesem Song sind.“

Gab es keine Probleme, Cliffs Körper zurück in die Staaten zu fliegen?

„Ja, es hat etwa eineinhalb Wochen gedauert. Freunde von Lars haben erzählt, daß das noch sehr schnell war. Sie hatten einen Freund gehabt, der im Nahen Osten gestorben ist, und es hat einen Monat gedauert.“

Wie hast Du Dich bei seiner Beerdigung gefühlt?

„Es hat mir geholfen. Es war, als ob er nach Hause zurückgekehrt ist und nicht in irgendeinem Land liegengeblieben ist, das hätte ich nicht überstanden. Cliff hing sehr an seinem Zuhause. Nach der Beerdigung fühlten wir uns alle besser, irgendwie war von diesem Punkt an alles klar, wir konnten unser Leben fortsetzen.“

Wie geht es seiner Familie?

„Ich kann Dir nur sagen, daß er eine sehr nette Familie hat. Ich liebe sie.“

Habt ihr vor, gerichtlich gegen den Busfahrer vorzugehen?

„Keine Ahnung, was da abläuft Vielleicht macht seine Familie etwas; wenn nicht, wird niemand etwas unternehmen.“

Wann habt ihr Euch für Jason Newsted von Flotsam & Jetsam entschieden? Kanntet ihr ihn schon vorher?

„Jason hat auch bei uns vorgespielt. Keiner kannte ihn vorher. Man hat mir nur gesagt, daß er die besten Chancen hat, das Rennen zu machen. Nach den Auditions haben wir uns zusammengesetzt und sind alle Bewerber noch einmal durchgegangen. Danach haben wir uns für ihn entschieden. Er orientiert sich stark am Schlagzeug, und so einen brauchten wir. Außerdem hat er für seine alte Band eine Menge Songs geschrieben. Wir konnten noch einen weiteren Songwriter gebrauchen. Er wird auch Backingvocals singen.“

Wird er ein gleichberechtigtes Bandmitglied sein?

„Keine Ahnung. Bis jetzt kennt er noch nicht einmal alle Songs, wir sind jetzt jeden Tag acht Stunden im Proberaum, um ihn in unsere Show einzuarbeiten, aber er muß nicht mehr viel lernen.“

Werdet ihr in absehbarer Zeit die ausgefallenen Gigs in Europa nachholen?

„Ja, in einer Woche fliegen wir nach Japan. Danach wieder für ein paar Gigs in und um New York zurück in die Staaten und schließlich nach Kanada, im Januar werden wir dann in Europa sein.“

Du zitterst ein bißchen, wenn Du redest, was ist es für ein Gefühl, zurückzukommen?

„Nicht sehr gut, es ist scheiße, die ganzen Plätze noch mal abzuklappern, it’s fucked.“

Und nun zum neuen Bassisten: Jason Newsted, wenn Dir irgendjemand erzählt hätte, daß Du eines Tages bei Metallica einsteigen wirst, hättest Du ihm geglaubt?

„Nein. Selbst als man mich nach Cliffs Tod angesprochen hat, ich sollte es doch mal versuchen, habe ich die Sache nicht gesehen, ich habe immer zu Cliff aufgeblickt weil er einer der Größten war. Als ich meine Chance dann bekam, mußte ich natürlich annehmen, ich begnügte mich mit fünf Stunden Schlaf, um alle Songs einzustudieren.“

Was passiert mit Deiner ex-Band, Flotsam & Jetsam? Du warst der Haupt-Songwriter. Glaubst Du, daß sie ohne Dich weitermachen werden?

„Sie wissen absolut nicht, was jetzt kommen soll, ich übrigens auch nicht. Aber ich glaube nicht, daß sie aufgeben wollen. Sie werden einen neuen Basser finden und weitermachen. Das Album hat überall gute Kritiken bekommen, es sieht also gut aus. was das Songwriting angeht, brauchen sie einen anständigen Tritt in den Arsch.“

Wie verliefen die Auditions?

„Wirklich gut. ich sollte vier Songs einüben, aber ich konnte ohnehin schon elf Stücke spielen. Während der Audition haben wir dann sechs Stücke gespielt. Die meisten Leute haben nur einen halben Song geschafft. James sagte, wenn er sieht, daß sie ihre Kabel einstöpseln und stundenlang versuchen, den richtigen Sound zu finden, kann man die Musiker vergessen, ich habe einen Tag lang zugesehen, wie die anderen sich abgemüht haben.“

Hattest Du erwartet, daß es so schwer sein würde?

(lacht) „Allerdings.“

Warst Du so etwas wie ein Metallica-Fan, bevor das alles passiert ist?

„Ich war mit Sicherheit der Erste, der in Phoenix ihr Demo hatte, und ich weiß noch ganz genau, daß ich drei Dollar für Kill Ent All‘ bezahlt habe. Metallica waren immer eine meiner Lieblingsbands.“

Bereiten Dir die zweifellos anstehenden vergleiche mit Cliff Kopfschmerzen?

„Keine Frage. Egal wo wir spielen, jeder wird mich mit ihm vergleichen. Auf jeden Fall werde ich mein Bestes geben, und wenn sie mich dann trotzdem nicht mögen, they can just fuck off.“

Wirst du Cliffs Baßsoli notengetreu nachspielen?

„Lars hat mir gleich gesagt, daß ich meinen eigenen Stil finden muß. Ich habe keine Lust, so wie Cliff zu spielen und damit die Vergleiche auch noch schüren, ich werde völlig anders spielen,  vielleicht sogar mit klassischen Einflüssen, ich werde versuchen, mir einen eigenen Namen zu machen, damit‘ nachher niemand sagen kann, das ist der Mann, der Cliff Burton ersetzt hat. Außerdem, spiele ich mit einem Plektrum, allein damit werde ich viel Aufsehen erregen, ich bin mindestens genauso schnell, wie die Basser, die mit den Fingern spielen, ich werde die Songs so bringen, wie man es von mir erwartet, aber ich werde Cliffs Arbeit nicht Note für Note nachspielen.“

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