Mit diesen 15 000 Unterschriften im Rucksack machte ich mich auf und klapperte die Rundfunksender ab. Die teilweise vollkommen unterschiedlichen Reaktionen meiner Ansprechpartner sind in dieser und in der nächsten Ausgabe abgedruckt. Das man dies alles nicht in 3 Zeilen abtun kann, ist klar. Deswegen gibt's in dieser Folge ein bißchen mehr Hintergrundinformation als im nächsten Heft.
Es ist wieder einmal wie schon so oft in diesem unseren Lande.
Die Medienlandschaft schnarcht in tiefem Dornröschenschlaf vor sich hin, während Heavy Metal Fans, wenn sie ihre Musik hören wollen, sich ausländischen Sendern zuwenden müssen. Um nicht laufend einen vom häufigen Spielen abgeriebenen Saphir oder Tonkopf auswechseln zu müssen, sollte ab und zu der deutsche Rundfunk die entsprechenden Gegenmaßnahmen einleiten. Doch weit gefehlt. Die Nadeln eurer Plattenspieler müssen weiter glühen, denn im deutschen Rundfunk wird sich, von einigen Fehlgriffen abgesehen, nicht das meiste ändern. Es bleibt nicht viel mehr, als weiter die HM SHOW oder die Monday Rockshow zu belauschen. Aber so ist das nun mal. Musikrichtungen wie Hardrock und Heavy Metal werden solange ignoriert, bis der Zug abgefahren ist und andere Sendeanstalten die Zeichen der Zeit erkannt und sendemäßig umgesetzt haben. Wer in den USA z.B. keinen Heavy Metal spielen würde, könnte an seiner Sendeantenne flugs die weiße Fahne hissen.
Ganz so hoffnungslos wie es zunächst erscheint, ist die Lage für HM Freaks aber doch nicht. Hierzu ein bißchen Hintergrundinformation über die Organisation des deutschen Rundfunks. Die bisher in Deutschland bestehenden Sendeanstalten schimpfen sich Anstalten öffentlichen Rechts, was nichts anderes bedeutet, als daß sie von Staat und Privatfirmen unabhängig existieren und sich selbst finanzieren müssen. Diese Finanzierung erfolgt durch Rundfunkgebühren, die jeder Rundfunkteilnehmer für die Benutzung von Radio und Fernsehen entrichten muß (erst anmelden, dann einschalten, hmmm) und natürlich durch Werbung. Seit Bestehen der Bundesrepublik hatte der Rundfunk keine Konkurrenz, da es keinen Staatsrundfunk oder Privatmedien gab. Dies hat sich seit Anfang der 80er Jahre geändert, da seit 1984 privater Rundfunk existiert.
Lange Zeit vorher herrschte in den Rundfunkräten hektische Betriebsamkeit, wie man dem neuen Konkurrenten am besten begegnen könnte. Und siehe da, auf einmal gab's mehr Programmvielfalt als Oma's und Opa's Ohnesorgtheater, Dalli Dalli und Richard Löwenthal.
Es gab plötzlich, man staune, brandheiße Kinofilme. James Bond und Clint Eastwood Fans kamen und kommen voll auf ihre Kosten. Selbst Straßenfeger wie "Das Boot" (schluck, schon wieder Herbert Grönemeyer) waren unlängst im Fernsehen zu bewundern. Filme, die früher nur im Kinosessel mit Popkorn und Freundin zu bewundern waren, werden immer öfter von den heimischen Mattscheiben flimmern. Diese Tendenz wird sich, wenn die privaten Sender erst einmal Fuß gefasst haben, noch verstärken. Privatfunk finanziert sich fast ausschließlich durch Werbung mit der Folge, daß das Programm sehr kommerziell und stark an den Hitparaden orientiert ist. Da der Privatrundfunk bemüht ist, für diese Werbung möglichst viele Hörer zu finden, wird er natürlich die Musikrichtungen spielen, die seine Hörer sehen oder hören wollen. Auf Deutsch heißt das, daß in Jugendsendungen eindeutig mehr Heavy Metal oder Hardrock gespielt werden wird als in anderen Sendern. Die Arroganz, die der Rundfunk bisher Hardrock entgegenbrachte, wird sich in den nächsten Jahren eventuell entscheidend ändern. Nämlich dann, wenn der Kampf um jeden einzelnen Hörer beginnt. Sätze wie "Hallo Leute, hier ist Ronnie James Dio, let's rock", wie ich sie in den USA letztes Jahr fast jeden Tag auf irgendeinem Sender hörte, werden dann auch hier öfter über den Äther gehen.
Wer aber sind die Leute und Drahtzieher, die für unser Programm im Rundfunk verantwortlich sind. Die Hexenküche, in der das Programmenü zusammengekocht wird, nennt sich Rundfunkrat, der bemüht ist, allen wichtigen Hörergruppen gerecht zu werden, sprich allen Roland Kaiser Fans ab und zu mal ein "Manchmal möchte ich schon mit dir" über den Äther zu schicken. Für diejenigen, die nicht unbedingt mit Roland Kaiser (würg) "möchten", gibt es bekanntlich andere Programmangebote.
Musiksendungen für verschiedene Geschmäcker gibt es im Überfluß. Vom Blauen Bock bis zu den Lustigen Musikanten (schnarch) von Formel 1 bis Tommy's Popshow. Ausgewogenes Programmangebot für die Gesamtheit der Hörer??? Mitnichten. Wer meint, die Bandbreite der Musikgeschmäcker sei mit einem Bogen von Ernst Mosch (Original Egerländer) bis Ingolf Lück (Formel 1) abgedeckt, irrt sich gewaltig und übersieht Hunderttausende von Heavy Metal Fans, die jährlich die Stadien und Konzertsäle füllen. Wir in der Redaktion hielten das für einen unhaltbaren Zustand und riefen, da ein einzelner Heavy Metal Fan bei den Verantwortlichen des Rundfunkprogramms nicht viel ausrichten kann, die "Aktion für mehr Hardrock und Heavy Metal im Rundfunk" ins Leben und begannen, mit Euch zusammen Unterschriften zu sammeln.
Einer für alle, alle für einen. Mit diesen 15.000 Unterschriften im Gepäck hängte ich mich ans Telefon und quetschte einen nach dem anderen Rundfunkredakteur aus, wie bei seinem Sender die Perspektiven für Heavy Metal seien. Besonderen Wert legte ich darauf festzustellen, in wieweit man bei den einzelnen Sendern über seine Hörerstruktur, deren Alter etc. im Bilde war. Panik vor dem Privatfunk hatten die wenigsten (keiner gab es jedenfalls offen zu). Vielerorts war die Einstellung anzutreffen, sein Programm sei das Programm schlechthin (Prost Mahlzeit). Wir wollen Euch an dieser Stelle einen detaillierten Überblick über die bestehenden Jugend- und HM-Sendungen geben und wo eventuell in den nächsten Jahren Veränderungen zu erwarten sind. Für den Fall, daß darüber hinaus Interesse besteht, habe ich Namen und Telefonnummer der verantwortlichen Rundfunkredakteure angegeben, damit ihr den Herren ruhig selber Feuer unter dem Hintern machen könnt.
1. Süddeutscher Rundfunk (SDR)
Ansprechpartner: Mattias Holtmann, Telefon 0711/2882618
Nach Angaben des Senders wird beim SDR von morgens bis abends Popmusik im weitesten Sinne gespielt. Dabei werden gelegentlich auch Musikrichtungen wie Hardrock und Heavy Metal berücksichtigt. Eine spezielle Musiksendung, POINT, läuft jeden Tag von 18-20 Uhr. Ausschlaggebend für die Programmauswahl ist die Verkaufshitparade, d.h. wird mehr Heavy Metal in den Plattenläden gekauft, wird auch mehr im Radio gespielt. Die Hörgewohnheit seiner Hörer hat sich in den letzten Jahren laut Angabe von Herrn Holtmann nicht besonders verändert (Dies gilt es zu ändern!). Im Abendprogramm gibt es spezielle Musiksendungen wie z.B. Rock, Country, Folk und Jazz in Concert. Heavy Metal in Concert gibt es, wie sollte es auch anders sein, nicht. Diese "progressive Schiene" gibt es beim SDR seit 79. Der Altersschnitt der Hörer liegt zwischen 14 und 30 Jahren. Die Minderheit der Jugendlichen unter den Hörern bestimmt nach Angaben von Matthias Holtmann die Mehrheit des gesamten Programms. Also Headbanger, weiter viele Heavy Platten kaufen, dann schlägt der SDR auch härtere Töne an.
2. ZDF: Rock Pop in concert
Ansprechpartner: Herr Bahlke, Telefon 089/9215300 od. 9215360
Wie bekannt, kam der einzig helle Lichtblick für Heavy Metal Fans im ZDF in der HM Nacht Rock Pop in Koncert im Februar 84 aus der Dortmunder Westfalenhalle. Obwohl diese Veranstaltung richtungsweisend sein sollte, ist nichts weiteres geplant. Für Programme, wie das im Februar 84, glaubt man beim ZDF "keine Mehrheit finden zu können".
Hardrock und Heavy Metal wird angeblich in jeder Rock Pop in Concert Sendung genügend berücksichtigt. Ein Grund für die ablehnende Einstellung Heavy Metal gegenüber dürften die gewaltsamen Ausschreitungen bei besagter Heavy Nacht sein. Ein amerikanischer Soldat wurde erstochen, einem nahm man sogar eine "scharfe Handgranate" (richtig gelesen) am Eingang ab. Damit, so das ZDF, hatte man vom Heavy Metal den Kaffee auf. An dieser Einstellung wird sich in der nächsten Zeit nichts ändern.
3. Radio Bremen
Ansprechpartner: Holger Arnold, Telefon: 0421/2461493
Jetzt haltet euch fest. Bei Radio Bremen hat man mit Heavy Metal Fans sehr schlechte Erfahrungen gemacht (stimmt wirklich). Mehrere HM Fans, genauer gesagt der HM Fanclub Bremen, waren vor kurzem extra von dem Sender zu einer Sendung eingeladen worden, um mit ihrer Musik eine Sendung zu gestalten. Der Auftritt des Fanclubs war beschämend. Die Headbanger konnten weder genau sagen, warum sie auf HM abfahren noch dies genau äußern (warum schreib ich eigentlich weiter).
Daraus schloß der Sender, daß der Bedarf an HM im Einzugsgebiet von Radio Bremen nicht mit dem z.B. in den USA zu vergleichen sei. In den Programmen von RB wird sehr wenig HM gespielt.
1. Programm: Musik
2. Programm: Kultur
3. Programm: Deutsche Schlager (würg)
Von Mo-Fr 16-17 Uhr gibts im 1. die Hansawelle, ein Programm für Schüler, gemischt mit den entsprechenden Wortbeiträgen. Abends auf der sogenannten Jugendschiene gibt's von 18.15-20.15 Uhr die Sendung Rizz, in der schon härtere Klänge zu hören sind. Zielgruppe dieser Sendung sind jugendliche Arbeitnehmer und Arbeitslose. Und was hört man, wenn man gefrustet vom Arbeitsamt kommt?
Richtig, auf dieser Wellenlänge wird öfter HM gespielt, natürlich mit anderen Musikrichtungen gemischt.
Last but not least ist da noch die Hansawelle Mo-Fr 17.30-19.00 Uhr, die sich an Musikfreunde im weitesten Sinne wendet. Wenn man bedenkt, daß RB den HM Club Bremen einlud, und solche Erfahrungen machte, verwundert es, wenn überhaupt noch was jenseits von Nena gespielt wird. Sowas darf sich auf keinen Fall wiederholen.
4.Sender Freies Berlin
Ansprechpartner: Monika Rackner, 030/30822662
Jürgen Jürgends, 030/3082557
Schlechte Erfahrungen mit HM Fans hatte auch der SFB. Die HM Sendung Härte 92.4 wurde mangels Resonanz eingestellt. Einzig die Strafgefangenen der Berliner Gefängnisse gingen deswegen auf die Barrikaden (aber für die ist das ja leider nur bedingt möglich). Als Alternative gibt's Tandem 1 und 2 von jeweils 18.05 bis 20.00 Uhr. Tandem 1 hat den Namen SF Beat und spielt gemischtes Musikprogramm bis 19.00 Uhr. In Tandem 2 läuft Mo: Reaggae, Di: Wunsch Disco (das ist Eure große Chance), Mi: Neuerscheinungen, Do: LP Disco, Fr: Hits und Tips Berlin intern, Sa: Soundcheck (Musik gemischt), So: Synthi und Popmusik. Mit diesen Sendungen will man die Jugendlichen im Alter von 13-28 ansprechen.
So Freunde, das wärs für den Wonnemonat Mai. Macht den Sendern Feuer unterm Hintern. Ich will mir bei den anderen Sendeanstalten nicht noch mal anhören, daß für HM kein Interesse bestehen würde oder Sendungen mangels Masse eingestellt wurden. Wir brauchen weiter Eure Power.