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Katatonia: Studioreport zu DEAD END KINGS

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Die Spannung ist fast greifbar, als Katatonia-Sänger Jonas Renkse und der auf dem neuen Album seinen Einstand gebende Gitarrist Per Eriksson zur Premiere im Londoner Strongroom bitten, einem Studio mit dazugehörigem Pub und Restaurant. Selbst Peaceville-Chef Paul Halmshaw kann seine Vorfreude kaum zügeln, als er mit knappen Worten darum bittet, die Play-Taste zu drücken. Knapp 45 Minuten später sind er und die internationale Metal-Presse platt wie Flundern. Ein emotional überbordendes Werk, das nach dem ersten Eindruck als mehr Laut/Leise, mehr Atmo und mehr Prog interpretiert werden kann. Damit können Renkse und Eriksson leben.

Dennoch ist es dem Sänger wichtig, eines herauszustellen: „Wir machen es nicht kompliziert, um anzugeben. So gut sind wir nämlich gar nicht“, lacht er. „Die Entstehung war sehr intensiv, wir wollten viel ausprobieren.“ Per übernimmt: „Das Album ist irgendwie aus uns herausgeflossen, vielleicht, weil wir einen festen Abgabetermin hatten. Ich kann mich noch gut an Gespräche erinnern, in denen wir zweifelten, ob wir es schaffen. Aber irgendwie hat es geklappt.“ Dann muss er schmunzeln. „Aber ich gebe zu, dass man schon ein paar Durchgänge braucht.“

Sänger Jonas nickt angesichts der Komplexität des eben Gehörten, was allerdings schlicht der Lauf der Dinge sei. „Das Album ist unsere logische Weiterentwicklung. Und die neuen Jungs (Gitarrist Per und Bassist Niklas Sandin – Anm.d.A.) haben natürlich auch ihren Teil dazu beigetragen, ihre Erfahrungen in die Waagschale geworfen. Live hat das schon super funktioniert, im Studio war es jetzt sogar noch besser.“ Interessant dabei ist, dass die Gitarren hier und da vergleichsweise verhalten wirken. Jonas erklärt: „ Dynamik war uns dieses Mal wichtig und manchmal ist es das Beste, die Gitarren etwas zurückzunehmen.“ Was aber auch umgekehrt gilt. „ Es geht darum, bereits beim Schreiben die Balance zu finden. Was steht im Vordergrund? Die Gitarren, der Gesang oder das Schlagzeug? Diese Entscheidungen muss man treffen, und auf DEAD END KINGS haben wir jede Menge richtig entschieden“, findet er.

Die Hörprobe: DEAD END KINGS (VÖ: 27. 08.2012)

THE PARTING
Ein orchestraler Beginn, Renkses klagende Stimme und Soundspielereien machen in Kombination mit einem tragenden Rhythmus sowie Streichern und Piano sofort klar, wohin die Reise geht. Der Chorus unterstreicht das mit voller Gitarren-Power, Schlagzeug und Bass werden zunehmend verspielter. Was für Gesangsmelodien!
THE ONE YOU ARE LOOKING FOR IS NOT HERE
Sphärische Stimmen zum Einstieg und ein Hauch Trip-Hop in der Bridge irritieren zunächst, bevor sich Gastsängerin Silje Wergeland (The Gathering) im Refrain langsam anschleicht und kongenial mit Jonas ergänzt. Ein sicherer Hit.
HYPNONE
Erneut ein vertracktes, dennoch luftiges Arrangement, das den Instrumenten viel Raum lässt. In der Strophe melancholiert ein Klavier, das angesichts des Gitarrenbretts und einer Mörder-Hookline im Refrain die Segel streicht. Abgerundet von einem fesselnden Solo werden immer mehr Schichten aufgetürmt, bis es akustisch in den nächsten Song übergeht…
THE RACING HEART
… wo sich das Klavier in ein E-Piano verwandelt und unterschwellig ein elektronisches Pluckern zu vernehmen ist. Dann aber der erste, vergleichsweise straighte Refrain, nicht schwächer als seine Vorgänger. Von Echo umspülte Gitarren sorgen für weitere Spannungsbögen, bevor gefilterte Gesänge diese solide Nummer beenden.
BUILDINGS
Los geht’s mit einem verschleppt groovenden Old School-Riff. Nacheinander steigen die anderen Instrumente ein, was im öffnenden Refrain gipfelt. Bester Moment ist der Mosh-Break im Mittelteil. Die vielleicht „einfachste“ Komposition der Platte.
LEECH
Gerade denkt man sich: „Schon wieder Klavier, schon wieder Streicher, schon wieder Electro“, da trifft die Stimme von Renkse mitten ins Herz. Gram und Wut wechseln sich ab, gekrönt von einem Classic Rock-würdigen Solo. Einfach nur schön.
UNDO YOU
Das Intro klingt nach Meer, Möwen, Minas Tirith und Mikingern, äääh, Wikingern, im weiteren Verlauf schält sich ein wunderbar arrangierter, proggiger Song heraus, bei dem sich die Gitarren besonders vornehm zurückhalten. Vielleicht nicht trve, aber weniger ist manchmal mehr.
LETHEAN
Es werde straight! Angetrieben von einer relativ herkömmlichen Doublebass und melodischen Strophen ein Stück, das sogar auf Festival-Bühnen funktionieren kann. Astreine Sologitarren mit leicht fremdländischer Note.
FIRST PRAYER
Wer immer noch Gefahr läuft, sich von der steten Laut/Leise-Dynamik in die Irre führen zu lassen, wird mit einem absoluten Monster-Refrain „bestraft“, der die schwarze Sonne aufgehen lässt. Denn damit macht der ganze Song auf einmal richtig Sinn. Groß!
AMBITIONS
„Hear my thin voice“, singt Renkse – Untertreibung ist alles. Zusätzlich packt der Sänger bei diesem Lied eine Extraportion „ Peter Gabriel-Reibe“ aus, die zusammen mit den mehrstimmigen Gitarren emotionale Volltreffer landet.
DEAD LETTERS
Zum Finale dann der heavieste Song der Platte. Leicht von Tool beeinflusst werden die Breaks und Akzente auf die Zwölf genagelt, doch über allem triumphiert geradezu majestätisch der Gesang. Das völlig abgefahrene Ende sorgt noch mal für Kopfkino.
Fazit:

Ein mutiges (weil gewagtes) Album voller Emotionen, das die Quadratur des künstlerischen Kreises vollzieht. Katatonia sind bei sich angekommen.

Ein ausführliches Interview und die CD-Kritik zum neuen Album DEAD END KINGS lest ihr in der September-Ausgabe des METAL HAMMER, die ab 22.08.2012 am Kiosk liegt.

Hört hier zur Einstimmung das 2011er Album von Katatonia, NIGHT IS THE NEW DAY:


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