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Maik Weicherts Kolumne: Er kennt die Antwort auf alle Fragen

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Heaven Shall Burn Maik Weichert
Heaven Shall Burn 19.03.2010 Session
Weimar – , Germany

Nun bin ich wahrlich kein großer (oder eigentlich überhaupt kein) Verehrer der Onkelz und hatte auch nie viel mit ihren Werken zu tun, aber als ich neulich auf dem Parkplatz vorm Fußballstadion eher zufällig vom Nachbarauto her mit Straßenrockmusik beschallt wurde, haben oben stehende Textzeilen doch ein Gefühl in mir getroffen, dass ich schon lange mit mir herumtrage. Natürlich hat die Herren aus Frankfurt damals an der Presselandschaft sicherlich etwas anderes angekotzt, als mich heute, aber es muss ja auch mal erlaubt sein, Zitate aus dem Zusammenhang zu reißen und für sich als Denkanstoß zu nehmen.

Man weiß gar nicht, wo man beginnen soll, schließlich sind Journalisten überall zu finden, in fast jedem Lebensbereich und auf qualitativ jeder Ebene. Laut Deutschem Journalistenverband ist ein Journalist wer professionell an der Verbreitung von Informationen, Meinungen und Unterhaltung durch (Massen-)Medien beteiligt ist. Da gibt es nun das kostenlose Anzeigenblatt, das mir jedes Wochenende den Briefkasten verstopft, aufgepeppte Schülerzeitungen wie Bravo oder auch Hochglanzmagazine mit mehr Bildern als Text und selbstverständlich das gesamte Angebot in Funk, Fernsehen und Internet. Also quasi von Horst Schlämmer bis Sandra Maischberger die volle Palette von Pulitzerpreisträger bis Schmierfink.

Es geht mir gar nicht darum, Journalisten an sich zu diskreditieren. Ganz, ganz viele machen ihre Arbeit ausgezeichnet, informativ und unterhaltsam. Ich meine auch nicht die Journalisten, die sich aufopferungsvoll in verschiedensten Ländern einer staatlichen Übermacht entgegenstellen und dafür verfolgt oder gar ermordet werden.

Doch es ist wirklich zu beobachten, dass hierzulande bei vielen, satten, verwöhnten Vertretern jener Zunft eine Art Hybris um sich greift. Man versteht sich nicht mehr als Diener der Information, sondern als Herrscher über dieselbe. Der Journalist ist also nicht mehr der Bergmann, der das schmutzige Erz ungesäubert aus der Erde ans Licht holt, nein er will der Händler sein, der den fertigen Goldschmuck meistbietend verkauft.

Oft muss man den Eindruck gewinnen, der Star der Nachrichten ist nicht die Information, sondern der Journalist. Das fängt bei manchen Plattenrezensionen in meinen Lieblingsmagazinen an, wo ich zwischen coolem Dummgelaber nicht ein einziges Wort zur Musik finde, sondern den Eindruck habe, der Schreiberling will mir zeigen, was für ein toller Hecht er ist. Es hört bei Auslandskorrespondenten in der Tagesschau auf, die fünf Minuten darüber erzählen, wie schwierig doch gerade ihre Lage vor Ort ist.

Okay, das ist ja noch relativ harmlos und leicht zu ertragen. Wenn sich jedoch Journalisten allen Ernstes als eine Art vierte Macht im Staate verstehen, und sich gar zum Hüter von Grundrechten aufschwingen, dann ist bei mir die Grenze zum Würgereflex vollends überschritten.

Wie ausgiebig und selbstverliebt man sich unter dem Regenschirm von Meinungs- und Pressefreiheit selber feiert, ist grandios. Jegliche Kritik wird reflexartig sofort mit dem Verweis auf die Pressefreiheit beantwortet. Manche Journalisten sehen sich eben als die vierte Macht im Staate, als eine Art medialer Rechnungshof mit verfassungsrechtlich garantierter, richterlicher Unabhängigkeit, der den Mächtigen und Lenkenden in diesem Lande auf die Finger schaut. Nun ja, das muss ja an sich erstmal nichts Schlimmes sein. Doch genau diese Verantwortung führt auch zu der erwähnten Hybris. Man ist sich dieser Macht bewusst und setzt sie auch ein.

Bisweilen hat man den Eindruck, das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe habe schon lange seine Legitimation verloren, im Namen des Volkes zu sprechen. Wer will denn schon diese langen und unverständlichen Urteilsbegründungen lesen?! Volkes Stimme zu den Problemen unserer Zeit lässt sich doch auch in einem netten Dreizeiler auf dem Titelblatt der Bild zusammenfassen.

Wenn aus Informationen oder Meinungen schon Parolen werden und aus Journalisten schwer verdienende Produzenten und Medienstars, dann sind wir näher am Abgrund als uns die TAZ weismachen will. Da wünscht man sich doch Redakteurmumien wie Sabine Christiansen zurück ins deutsche Fernsehen. Die hat wenigstens ihre Talkrunden mit dem Charme sympathischer Inkompetenz regelmäßig aus dem Ruder laufen lassen, ohne sich in den Vordergrund zu spielen.

Wenn ich dagegen Egomanen wie Johannes B. Kerner oder Ulrich Meyer sehe, die für die Quote auch ihre eigenen Sackratten featuren würden, weiß ich nicht, ob man hier das Wort Journalist in seiner alt-ehrwürdigen Bedeutung überhaupt noch verwenden sollte. Ich zucke ja jedes Mal zusammen, wenn Ulrich Meyer sagt. „Wir geben ab an die Kollegen von den Nachrichten“ – glaubt der wirklich, er wäre auch so etwas wie die Leute, die bei den Nachrichten arbeiten? Armes Schwein.
 

Viele Journalisten halten sich eben für sehr viel mehr, als sie eigentlich sind. Sie wollen Aufgaben wahrnehmen, die oft sehr komplex und hochpolitisch sind. Warum muss heute Information fast immer mit Agitation und vorgefertigten Meinungsbildern angereichert werden? Sicherlich gilt es nicht, Ereignisse isoliert zu betrachten, doch will ich mir doch auch mal eine eigene Meinung bilden können, ohne erst den ideologischen Teigmantel um die Information herum abknabbern zu müssen.

Aber was rede ich, oft ist es ja auch schon gar keine Ideologie, die da mitverkauft wird, es ist einfach die Botschaft „seht mich an, hört mir zu, ich bin der Größte, ich bin der Seher, ich spreche aus und an, was keiner wagt.“ Wenn man diese Maßstäbe ansetzt, dann ist RTL heute wahrscheinlich das Orakel von Delphi und Frau Kronzucker die Pythia.

Besonders deutlich wird das am Beispiel der Olympischen Spiele. Da setzt man sich vor den Fernseher, will in Ruhe die Eröffnungsfeier schauen und schon drei Minuten später will man einfach nur den Fernseher eintreten. Ich hatte da wirklich das Gefühl, der Kommentator wollte die Olympischen Sommerspiele von 1936 nachkommentieren, weil damals alles geschwiegen hat. Im Stile von: „Was die Chinesen hier auf die Beine gestellt haben ist noch nie dagewesen, doch während wir diese beeindruckenden Bilder sehen, müssen wir angesichts der Menschenrechtslage in China dennoch…“ oder „Beeindruckende und packende Inszenierungen, die allerdings im Hinblick auf die Menschenrechtslage…“ so in dieser Art hörte sich fast jeder Satz des Kommentars an – hatten die einen Wettbewerb laufen, wer am meisten das Wort Menschenrechtslage unterbringt?!

Versteht mich nicht falsch, es ist durchaus wünschenswert, die desolate Menschenrechtslage in China auch mal in diesem Kontext zu erwähnen, aber so inflationär wirkte das einfach nur nervig, verkrampft und peinlich. Dann sollen sie doch statt der Eröffnungsfeier einen Bericht über die Menschenrechtslage in China bringen! Das will von uns Fernsehzombies zwar keiner mehr sehen, aber wenigstens muss ich bei einer solchen Sendung keinen Möchtegern-Menschenrechtler am Kommentatorenmikro ertragen. Manchmal ist weniger eben mehr – und das richtige Statement am falschen Ort kann mehr Negatives als Positives schaffen.

Auch im olympischen Pressezentrum lamentieren hunderte, wahrscheinlich tausende von Journalisten umher, weil sie ein paar Internetseiten nicht öffnen können – dann werden die gesperrten Seiten aufgrund des erzeugten enormen Drucks mal freigegeben und man feiert sich selber ohne Ende und schielt wahrscheinlich mit einem Auge schon auf den Friedensnobelpreis. Das ist zum großen Teil einfach nur ein Selbstzweck, eine Machtdemonstration fehlgeleiteter Aufmerksamkeits-Junkies. Und was hilft das dem chinesischen Wanderarbeiter oder dem Bürgerrechtler?! Eben.

Die chinesische Regierung schaut sich das alles putzig lächelnd an und lässt sie machen. Sobald die Olympiabühne abgebaut ist, werden auch die meisten Journalisten wieder die Klappe halten und verschwinden.

Wahrscheinlich liegt es aber in der Natur der Sache, dass Journalisten, da sie nun mal an der direkten Quelle der Öffentlichkeitswirksamkeit sitzen, von Eitelkeiten und Machtgelüsten infiziert werden. Journalisten sind eben auch nur Menschen – diese Einsicht würde manchem Medienvertreter aber auch schon enorm weiterhelfen.

 

Axel Jusseit Krefeld Germany
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