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Blind Guardian At The Edge Of Time

Symphonic Metal, Nuclear Blast/Warner 10 Songs / 63:54 Min. / 30.07.2010

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Foto: Nuclear Blast/Warner

Von einem Problem zu sprechen, wäre bei einer derartigen Erfolgsgeschichte wohl Jammern auf höchstem Niveau, aber natürlich mussten sich Sänger Hansi Kürsch und seine drei Kollegen nach 25 Jahren und acht raumgreifenden Studioalben im vergangenen Jahr die Frage stellen: Quo vadis, Blind Guardian?

Eigentlich, so könnte man meinen, wurde von dieser Band alles bereits gesagt, gespielt, artikuliert, komponiert. Ob tendenziell keltisch-folkloristisch (NIGHTFALL IN MIDDLE-EARTH, 1998), komplex (A NIGHT AT THE OPERA, 2002) oder spürbar entschlackt (A TWIST IN THE MYTH, 2006), es gab die Band bereits in nahezu allen Schattierungen. Blind Guardian wagten sich in ihrer Frühphase bis in Thrash-Territorien vor, wandelten anschließend zeitweise auf den schwermetallischen Fährten von Queen und zeigten sich wahlweise episch oder aber progressiv in der klassischen Bedeutung dieser Begriffe. Insofern: Wirklich bahnbrechende Neuerungen kann man von ihrem neunten Opus AT THE EDGE OF TIME kaum erwarten. Aber: Im Detail haben sich die Krefelder dennoch sukzessive weiterentwickelt. Oder sollte man lieber sagen: ihre Ausdrucksmöglichkeiten perfektioniert?

Der Hymnencharakter ihrer Songs, eines der herausragenden Trademarks von Blind Guardian seit Beginn an, erfährt hier seine Vollendung. Hansi Kürsch, der sich seit einigen Jahren komplett seines Bass-Ballastes entledigt hat, konzentriert sich auf hochwertigen Satzgesang, auf die für Blind Guardian so typischen Singalong-Refrains und auf bombastische Chor-Arrangements mit Klassik-Flair. Die beiden Gitarristen André Olbrich und Marcus Siepen erweisen sich einmal mehr nicht nur als erstklassige Solisten und schwankungsfreie Rhythmiker, sondern setzen diesmal vermehrt auch Akustikinstrumente ein. Das schmeichelt dem Gesamt-Sound der Scheibe, gibt der Produktion ein erdigeres und verstärkt natürliches Flair. Bleibt noch Schlagzeuger Frederik Ehmke zu erwähnen, der bei der letzten Veröffentlichung A TWIST IN THE MYTH erst wenige Wochen in der Band war und dementsprechend etwaige Anpassungsschwierigkeiten in kürzester Zeit ausbügeln musste. Diesmal ist der Mann vollständig integriert, war von Beginn an im Bilde und dankt es seinen Kollegen mit einem überaus dynamischen und vielseitigen Drumming.

Und dann wäre da noch das Prager Symphonieorchester, quasi Bindeglied dieser Produktion zwischen Bombast und metallischer Basis und somit mehr als nur Farbtupfer einer in jeder Hinsicht reichen und vollmundigen Scheibe. Blind Guardian präsentieren auch in puncto Orchester die wohldosierte Mischung aus offenkundiger Präsenz und Song-dienlicher Wirkungsweise. Nichts klingt hier zugekleistert oder übertrieben-opulent herausgeputzt, Kitsch und Schmalz bleiben gottlob Fremdwörter für diese Scheibe. Was also kann der langjährige Fan erwarten, was ihn nicht ermüdet, und was – die sicherlich nur wenig unwichtigere Frage – könnte neue Zielgruppen ansprechen?

Es ist wohl die Einzigartigkeit des Blind Guardian-Sounds, das Vermeiden von Klischees bei gleichzeitiger Beibehaltung traditioneller Metal-Werte und -Normen, die hier zum Tragen kommen. Das war in den zurückliegenden zweieinhalb Dekaden so, das hat sich erfreulicherweise auch anno 2010 nicht geändert. Blind Guardian sind eine feste Größe, vielleicht sogar die feste Größe der deutschen Metal-Szene, und verfallen auch auf AT THE EDGE OF TIME nicht einmal im Ansatz in eine Kreativität tötende Routine.

Kommentare der Redaktion

Blind Guardian bringen auf AT THE EDGE OF TIME das, was wir von ihnen erwarten dürfen: Bombast, klassischer Metal und eine unglaubliche Detailfülle, mit einem leichten Schwenker zu früheren Schaffensphasen. Das ist gut, aber nicht alles: Manchmal klingen die Vier ungewöhnlich hart und thrashig, dann tauchen plötzlich orientalische Melodien auf. Die Mischung ist nicht grundsätzlich neu, aber wieder lecker. Dauert nur ein bisschen, bis man da durchgestiegen ist…
Christof Leim (5 Punkte)

Vier Jahre mussten wir warten, aber es hat sich gelohnt. Detailverliebt bis in den letzten Winkel präsentieren sich die Songs von AT THE EDGE OF TIME. Harte Riffs, schnelle Passagen, da kommt ein Hauch von Old School auf. Wie auch immer, die Krefelder zeigen, wer in dem Genre nach wie vor die Nase vorne hat und manifestieren ein weiteres mal ihren Ruf als Meister des Bombast Metal. Super!
Thorsten Zahn (6 Punkte)

Alleine die Produktionsparameter rechtfertigen die Höchstnote. Und dann wären da noch die zehn Songs, die in ihrer Strukturierung so gut wie keinerlei sich wiederholende Motive aufweisen und einen 64-minütigen, hochklassigen Trip voller Überraschungspotenzial durch die Klangsphären des modernen, Klassik-affinen Heavy Metals garantieren. Klassiker!
Andreas Schöwe (7 Punkte)

Bei Blind Guardian kann man eigentlich nichts falsch machen. Songwriting, Sound, Hörspaß – wer sich als Fan der Krefelder sieht, kann auch diesmal blind (sic!) zugreifen. Die Epik hat für mein Empfinden wieder etwas an Gewicht gewonnen, aber Opulenz war und ist eben ein elementares Markenzeichen dieser Band. Mir wird das auf die gesamte Albumlänge etwas zu üppig (das Tempo und die Wucht von IMAGINATIONS FROM THE OTHER SIDE wird leider nicht ganz erreicht) – dennoch ein absolutes Monats-Highlight, gerade auch hinsichtlich der Arrangements.
Matthias Weckmann (5 Punkte)

So sehr ich Blind Guardian auch liebe – besonders Live immer wieder ein Erlebnis – beim neuen Blind Guardian-Album aber von einem Klassiker zu reden, ist sehr gewagt. Aber richten wir unsere Aufmerksamkeit auf die Gegenwart. Da fällt auf, dass Hansi und seine Mannen auf AT THE EDGE OF TIME wieder spürbarer auf älteren Pfaden wandeln: Rein in Bezug auf die kompositorische Aura des neuen Materials. „Weniger Prog, mehr Metal“ könnte eine Zwischenüberschrift lauten. Wie immer liefert Deutschlands sympathischste Band ein Album ab, auf dem man auch Jahre später noch viel entdecken kann.
Anzo Sadoni (5 Punkte)

Krefelds Mittelerde-Forscher machen auf AT THE EDGE OF TIME zwar keinen vollständige Rolle rückwärts, besinnen sich aber zumindest streckenweise wieder auf alte Stärken. Mehr Speed, weniger Breaks, und tonnenweise starke Melodien. Das ist das Geheimnis eines gelungenen Albums, das einige Fans versöhnen dürfte. Blind Guardian sind definitiv wieder in der Spur!
Marc Halupczok (5 Punkte)


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