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FEAR MY THOUGHTS Isolation

Metal, Century Media/EMI 10 Songs / 46:49 Min. / 18.07.2008

6/ 7
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Foto: Century Media/EM

Der Soundcheck-Sieg geht in diesem Monat eindeutig an Fear My Thoughts. Nein, noch besser: Der Preis für das kühnste Album des Monats geht ebenso an Fear My Thoughts. Jeder, der glaubte, diese Band nach ihren bisherigen fünf Alben kategorisieren zu können, wird sich nach ISOLATION gedemütigt in die hinterste Ecke verziehen – die Nabelschnur zur eigenen Vergangenheit wird hier kunstvoll getrennt.

Bereits der Opener ‘The Blind Walk Over The Edge’ ist fernab von dem Sound angesiedelt, der diese Jungs europaweit bekannt machte – Metalcore? Null. Death Metal? Fehlanzeige. Stattdessen ergießt sich das deutsche Quintett in progressiv-rockigen Strukturen, die im Chorus klare Alice In Chains-Elemente aufweisen.

Mut und Mutation liegen hier eng beieinander. Ebenso melancholisch wie atmosphärisch und druckvoll tönen ‘Numbered By The Beast’, ‘Death Chamber’ und das überragende ‘Through The Eyes Of God’. Die (zugegebenermaßen von mir schreckliche betitelte) „Power-Ballade“ ‘Bound And Weakened’ beinhaltet sogar massive Soundgarden-Anleihen: großartig – und fernab aller angesagten Trends. Spätestens jetzt wird die grundlegende Veränderung erklärungsbedürftig: Fear My Thoughts haben den Ausstieg ihres Sängers Mathias Benedikt von Ockl im letzten Jahr genutzt, um sich stilistisch komplett neu zu orientieren.

Die Songwriting-Ketten werden hier (mit Ausnahme der beiden Metal-Gemetzel ‘The Hunted’ und ‘Pitch Black’) akkurat gesprengt – die variable Stimme des neuen Frontmanns Martin Fischer macht’s möglich. ISOLATION ist sehr viel rockiger, sehr viel verspielter als die vorherigen Werke. Dabei macht das Quintett auch nicht vor Faith No More-Keyboard-Flächen oder Siebziger-Jahre-Rock Halt.

Trotzdem fußt das alles noch auf einem Metal-Fundament – und lässt sich, ehrlich gesagt, schwer beschreiben. American Head Charge mögen ein Wegweiser in die stilistisch richtige Richtung sein. Obwohl: Haben die jemals so einen Heavy Rock entfacht wie Fear My Thoughts in ‘Creeping Lord’? Klar ist aber auch: Die Band geht mit diesem Album ein hohes Risiko ein. Nicht umsonst trägt dieses Werk den Titel ISOLATION.

Eine der grundlegendsten Fragen wird sein: Folgen die Fans ihnen auf diesem Weg? Es wäre schade, wenn die Antwort negativ ausfiele. Denn wo bislang grundsolides, für manche vielleicht sogar biederes Handwerk vorherrschte, ist nun eine Fackel der Kreativität entbrannt. Das abschließende, episch-experimentelle ‘Burning The Lamb/The Sacrifice’ mag als Beispiel für die neu gewonnene Ideenvielfalt gelten.

Einziger kleiner Kritikpunkt: der Sound. Den hätten Fear My Thoughts lieber in die Hände eines erfahrenen Produzenten geben sollen, anstatt in ihren eigenen vier Wänden aufzunehmen: Große Songs verdienen einen großen Rahmen. Da half auch der Mix von Daniel Bergstrand (In Flames, Soilwork, Meshuggah) nicht mehr viel. Das ist aber auch beileibe der einzige Haken an dieser Scheibe: Fear My Thoughts erfinden sich mit ISOLATION nicht nur neu, sie positionieren sich fernab von den derzeit gängigen Hörgewohnheiten. ISOLATION ist ein couragierter Schritt – ein erfolgreicher Schritt.

Kommentare der Redaktion

Fear My Thoughts beweisen Mut. Sie wechseln den Sänger aus und schlagen damit auch gleich eine neue Stilrichtung ein. Diese hat es in sich, hier trifft Alice In Chains auf Tool und In Flames auf Meshuggah. Von Eintönigkeit keine Spur, ISOLATION macht rundum Spaß. Die Kritiker sind überzeugt, jetzt müssen nur noch die Fans mitziehen.
Thorsten Zahn (6 Punkte)

Ein Sängerwechsel ist nie eine einfache Sache, denn die Identität einer Band wird nun einmal maßgeblich vom Frontmann geprägt. Fear My Thoughts haben es geschafft, den Abgang von Mathias Benedikt von Ockl nicht nur zu kompensieren, sondern sich dank Martin Fischers Ausdrucksstärke auch eine neue Identität zuzulegen. In Verbindung mit einer weiteren stilistischen Öffnung (inklusive der gelungenen Integration von Elementen aus unterschiedlichen Genres) ist das ein mutiger und zugleich richtiger Schritt für die Zukunft der Band. Gratulation.
Petra Schurer (6 Punkte)

Auch auf die Gefahr hin, mit solch fortschrittlichem musikalischen Gedankengut alte Fans vor den Kopf zu stoßen, geht die Band ihren Runderneuerungsweg mit Neu-Sänger Martin Fischer konsequent und stimmig zu Ende und schießt damit keineswegs über das Ziel hinaus. Mit Ausnahme-Arrangements, sensationellem Songwriting und gesanglichen Glanzleistungen isolieren sich Fear My Thoughts endgültig von der ganzen, nicht annährend so mutigen, und somit einstigen Core-Konkurrenz und heben in ganz andere Sphären ab. Super.
Frank Thießies (6 Punkte)

Sicherlich, einen großen Schritt haben hier Fear My Thoughts getätigt. Bei der Listening Session und den vorab präsentierten Rough Mixes war auch bei überdurchschnittlich vielen Songs großer Beifall angebracht – und das, obwohl diese Musik nun nicht zu meinen Favoriten zählt. Aber soundtechnisch kann man für ein fertiges Produkt dann doch mehr erwarten. Bergstrand versagt (mal wieder) – der Drumsound ist mies und nimmt viel der einstigen Euphorie. Gute vier Punkte mit Tendenz nach oben.
Anzo Sadoni (4 Punkte)

Was für ein Quantensprung! Das hätte ich Fear My Thoughts so nicht zugetraut. Der Sound passt zwar nicht 100% zu den erdigen Songs, das Material an sich kann sich aber selbstbewusst zwischen The Haunted, Mastodon und Alice In Chains seinen Sitzsessel suchen. Gerade live sollten die Songs so richtig zünden.
Tobias Gerber (6 Punkte)

Unverhofft kommt oft. Im Falle von Fear My Thoughts aber im guten Sinne, denn die neue Ausrichtung steht der Band mehr als gut zu Gesicht. Vor allem scheinen viele der Songs regelrecht für die Stimme von Martin Fischer geschrieben worden zu sein. Grandios ist aber vor allem der 70iger Touch der an ISOLATION haftet. Dreckig, fetzig, geil!
Florian Krapp (5 Punkte)


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