Auch wenn die absoluten Verkaufszahlen noch immer eine andere Wahrheit suggerieren: Gotthard haben Krokus schon lange den Rang als wichtigste schweizerische Band aller Zeiten abgelaufen. Zumal: Während sich Krokus mit ihrer aktuellen Scheibe BIG ROCKS auf das Niveau einer reinen Cover-Truppe herablassen, feiern Gotthard mit SILVER ihr 25. Band-Jubiläum mit neuen eigenen Songs. Und diese zeugen von der gesamten künstlerischen Reife einer Band, die genau weiß, wie man sogar durchschnittliche Kompositionen noch eindrucksvoll in Szene setzt.
Womit wir auch schon beim Eingemachten sind: Lässt man die cleveren Arrangements der Stücke außen vor und begutachtet lediglich die kompositorische Substanz der einzelnen Strophen und Refrains, stellt man gelegentlich kleine Flauten fest. Um jetzt Missverständnissen vorzubeugen: SILVER enttäuscht nicht. Aber kann das Album wirklich derart begeistern, wie man es von Gotthard gewohnt ist? Jedenfalls nicht in Momenten, in denen Refrains totgeritten werden (‘Beautiful’), sich textliche Schüttelreime breitmachen („Silver river, shiver, shake and quiver“) oder – daran werde ich mich wohl nie ganz gewöhnen – wieder mindestens eine Ballade zu viel dabei ist.
Aber während ich das schreibe, kommt meine Frau ins Büro, hört eines der SILVER-Schmuselieder und fragt mit weltentrücktem Blick, ab wann man denn dieses wunderbare Werk kaufen könne. Zum Glück bleiben meinem Rocker-Herzen einige Lichtpunkte: Der hellste nennt sich ‘Everything Inside’ und dampft so, wie man es sich als (ähm, nicht-weiblicher) Gotthard-Fan wünscht. Generell ist man jedoch diesen Monat mit der neuen Scheibe von Black Star Riders wohl besser bedient.