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In der Kirche bei: Dornenreich

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Natürlich steht man in Reihe an. Gedämpfte Unterhaltungen und verhaltenes Lachen hier und da. Die Kirche ist voll und es wird selbstverständlich gesessen. Das schlichte Erscheinungsbild des neugotischen Baus kommt den Österreichern Dornenreich zu Pass.

Kein Kerzenmeer oder Samtvorhänge. Nur eine Reihe Bodenstrahler, die passiv den Chor und das Mittelschiff in gedeckte Farbverläufe tauchen. Das Kreuz auf dem Alter wurde durch zwei Kerzen ersetzt. Lediglich das Dornenreich-Backdrop, präsent über der Treppe ausgebreitet, widerspricht dem sonst vorherrschenden Understatement.

Punkt 9 Uhr nehmen Eviga und Inve ihre Plätze ein. ‚Freitanz’ und ‚Meer‘ haben im akustisch üppigen Raum viel Platz sich zu entfalten und Evigas wuchtige Schläge auf den Gitarrenkorpus setzten markant hallende Akzente. Dornenreichs Setup ist weiter ausgedünnt. Weder Opernstimme noch Zweitgitarre überlagern die filigrane Performance. Nur die bekannte Fußrassel klingt im Hintergrund. 

Über anderthalb Stunden verzaubern Dornenreich das Berliner Publikum und gehen durch die Diskografie inklusive noch unbenannter Stücke aus dem kommenden Album FREIHEIT. Es wird geflüstert, gehaucht, gekreischt. Nur überzeugt das auch? Ist es zu affektiert, wenn Eviga schmerzverzerrt zur Decke schaut und tief getroffen die Augen zusammenkneift, wenn er den letzten bedeutungsschweren Hauch aus seiner Brust presst? Ist das schon Kitsch oder ist das noch authentisch?

Dramatik ist schließlich durchaus angebracht bei ‚Inner Wille ist mein Docht‘ und ‚Jagd‘, Dornenreich zelebrieren hier bei weitem keine Messe. Dennoch ist der Grad schmal, auf dem sie fortwährend im Dreivierteltakt wandeln. Zwischen tiefem Gefauche und Fußrassel, zwischen Hesse-Zitaten und Flüster-Lyrics. Und auch nicht ganz ohne Zynismus, wenn Eviga im Kirchenschiff über unstete Hexen singt.

Dornenreich auf Akustik-Tour, das bedeutet ein Auseinandersetzten mit Melancholie, Selbsterfahrung und mit den introvertierten Aspekten des Daseins. Es ist die Frage ob man sich auf Dornenreich einlässt, jegliche Vorurteile von sich weist und sich stattdessen ein wenig verliert.

Insbesondere wenn Eviga ein kräuselndes Lächeln um die Lippen spielt, Züge die einem unter normalen Umständen verborgen bleiben, und diesen Abend so besonders machen, wird deutlich, dass es schlussendlich doch das bleibt was ist. Unterhaltung, für die es am Ende sogar Standing Ovations gibt.

Fotos und einen weiteren Live-Bericht vom Dornenreich-Akustikkonzert lest ihr in der nächsten METAL HAMMER-Ausgabe.

Setlist

Freitanz
Meer
untitled (aus neuem Album)
Der Hexe nächtlich‘ Ritt
Inner Wille ist mein Docht
Flügel in Fels
Aufbruch
Dem Wind geboren
Bonus aus Nachtreisen
Drang
Unruhe
Ich bin ein Stern
Zauberzeichen
Zugabe
Erst deine Träne löscht den Brand
Sehnlauf
untitled (aus neuem Album)
Jagd
Reime faucht der Märchensang

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Heavy Metal in der DDR: Der Weg nach oben

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