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Blau im Underground bei: Malthusian und Hellbringer

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Mit Malthusian und Hellbringer haben zwei absolute Underground-Leckerbissen ihre erste Club-Show in Deutschland gespielt. Im altehrwürdigen Berliner Blackland  traf australischer Thrash Metal auf irisch-schwarzen Death Metal der ultrabösen Sorte. Einmalig! – METAL HAMMER war mittendrin.

„War dit grad ´n Gewitter, oder watt is hier los?“ raunt es aus dem Raum hinter der Bar. Die Frage, die sich Pille, einer der Besitzer des Blacklands, gerade stellt, ist berechtigt: Das Wetter drückt schon den ganzen Tag erbarmungslos-schwülwarm auf den Schädel. Eine Abkühlung wäre also angebracht. Doch was der sympathische Rocker mit Kinnbart tatsächlich meint, ist der Soundcheck von MALTHUSIAN. Es dröhnt und peitscht in der dunklen, urigen Kneipe – Pille kann nur erahnen, was später auf der Bühne passieren wird. Es ist noch früh am Abend und auf der Terrasse schlafen einige Metaller auf Tischen und Bänken.

Noch herrscht Kater-Stimmung. „Ich habe mir am Wochenende ein blaues Auge, ne geschwollene Unterlippe und eine derbe Verbrennung am Rücken zugezogen“, beginnt Matt, seines Zeichens einer der zwei Gitarristen von Malthusian, das Gespräch. „Ein ganz geiles Wochenende also. Geile Leute, geile Bands und heute sind wir hier.“ Sowohl die Iren, als auch ihre Kollegen von Hellbringer, welche zu diesem Zeitpunkt noch auf der Autobahn vor sich hin schmelzen, kommen gerade vom Hell´s Pleasure Metalfest in Thüringen und sind reichlich lädiert. „Ganz normal“, sagen die Jungs und schlürfen an ihren Wasserflaschen. „Wir sind echt froh, wenn wir auf Veranstaltungen spielen können, bei denen wir uns sicher sind, dass die Zuschauer auch auf den Kram stehen, den wir fabrizieren. Ein passendes Line-Up ist uns sehr wichtig. Und dann geht’s natürlich auch gut ab.“

Der trotz Hangover recht redselige Haufen weiß wo es langgeht – Alle Mitglieder spielen oder spielten bereits in zahlreichen anderen Bands und Projekten, Pauric (Bass, Gesang) unter anderem auch bei den Doom-Deathern von Mourning Beloveth. Allesamt sind also durchaus Tour-erfahren. Dementsprechend lässt das erste Bier des Abends dann doch nicht allzu lange auf sich warten und ein angeregtes Gespräch über die irische Metal-Szene entsteht. „In Irland ist Heavy Metal tatsächlich nur eine Randnotiz und existiert quasi gar nicht im Mainstream. Aber ehrlich gesagt macht das für uns auch keinen Unterschied. Der Mainstream will uns nicht und wir brauchen ihn auch nicht. Wir haben genug kreative Köpfe bei uns in der Szene“, erklärt Andrew, der zweite Gitarrist. „Es ist zwar alles etwas unorganisiert, aber die Bands, die in Kontakt miteinander stehen, supporten sich gegenseitig. Du kannst das mit Deutschland gar nicht vergleichen. Ich meine, allein schon die Population zeigt, dass das alles bei uns nicht so groß werden kann wie hier. Die Bevölkerungszahl von ganz Irland ist nicht wesentlich höher als die von Berlin.“ Ihre Stimmen sind rau, bis kaum verständlich. Ihre Augenringe groß und die Körpersprache ist auf das Wesentliche reduziert. Ein Grinsen sieht man trotzdem in jedem Gesicht.

So auch bei den Australiern: Hellbringer kommen reichlich spät in den Laden. Die ersten Gäste haben es sich schon mit dem einen oder anderen Kaltgetränk gemütlich gemacht. Trotzdem nimmt sich das Trio Zeit, um erstmal etwas zu essen und um ein paar Worte mit den anwesenden Fans auszutauschen. „Scheiße, ist das warm hier. Viel heißer als bei uns zu dieser Jahreszeit.“, stöhnt der gefühlt zwei-meter-fünfzig große Gitarrist James. Unter seinen gefühlt eineinhalb Meter langen, dicken, lockigen Haaren ist es anscheinend noch unerträglicher, als für den Rest der Truppe.

Der Stimmung macht das trotzdem keinen Abbruch: „Das ist unser erster gemeinsamer Europa-Trip. Wir haben schon vor zwei Jahren angefangen darüber nachzudenken und zu planen. Und jetzt hat es endlich geklappt.“ Die Mini-Tour von Hellbringer startete eine Woche zuvor auf dem Metal Magic Festival in Dänemark und führte über das Hell´s Pleasure nun nach Berlin. „Am Dienstag geht´s nach Paris und dann noch runter nach Italien.“, erklärt Schlagzeuger Josh. „Wir freuen uns, unseren Straight-Forward Thrash hier in Europa präsentieren zu können. Schließlich kommen hier einige unserer wichtigsten Einflüsse her.“ Es wird noch kurz mit einem Bier angestoßen und dann begeben sich alle in den Club. Es fängt nämlich wieder an zu gewittern – auf die irische Art und Weise.

Malthusian stehen auf einer mit Nebelschwaden durchtränkten Bühne. Dunkelblaue Scheinwerfer lassen zunächst nur die Silhouetten des Quartetts erkennen. Ein herrlich-ohrenbetäubendes Feedback eröffnet den Abend. Der Schweiß tropft schon vor den ersten Akkorden förmlich von der Decke. Es geht los: Ein dunkler, brutaler Sturm aus Blastbeats, morbiden Riffs, Doom-Parts und abstrakten Tempiwechsel bläst einem durch die Gehörgänge. Binnen weniger Minuten verfällt das Publikum in eine Art Trance und wankt teils rhythmisch, teils unkoordiniert über das Parkett. Jeder Spaß und jedes Lächeln ist aus den Gesichtern der Iren verschwunden.

Progressiv und zugleich primitiv knüppeln sich Malthusian in die Herzen der Anwesenden. Bemerkenswert ist der gute Sound, welcher bei einem solch brachialen Brett nicht selbstverständlich ist. Die Band spielt heute ihren achten Gig und präsentiert ihre 2013er Demo mit dem plausiblen Namen „MMXIII“ in voller Länge. Freunde von Bands wie Grave Miasma, Zom, oder Dead Congregation kommen hier mehr als auf ihre Kosten. Eine Malthusian-EP ist übrigens in Planung, jedoch machen sich die Herren weiterhin keinen zeitlichen Stress. „Wir haben uns keinen Termin für ein Album festgelegt und nehmen uns so viel Zeit wie wir brauchen. Wir arbeiten zwar langsam, aber dafür bedacht und kontinuierlich.“, schildert Pauric die Arbeitsweise von ihm und seinen Mitstreitern.

Nach der Show ist der ein oder andere Zuschauer schon reichlich bedient auf den Ohren. Andrew jedoch, fängt wieder an zu grinsen: „Das hat echt Spaß gemacht. In so einem kleinen, dunklen Club kommt man echt besser in Stimmung, als auf einer taghellen Festivalbühne.“

Nach einer Verschnaufpause auf der Terrasse, dem nächsten Bier und einem kurzen Line-Check legen Hellbringer los. Nietenbehangen und oldschool-as-fuck liefert das Trio ein amtliches Thrash-Paket. Die Gäste stehen nun endlich bis zum Bühnenrand und die Mähnen fliegen sofort. Auch wenn die Mimik der Australier ihr hartes Wochenende erahnen lässt, überzeugen sie spielerisch über die ganze Länge. Absolute Kracher wie ‚Screams From The Catacombs‘ von der 2011er EP HELLBRINGER, oder ‚Demon´s Blood‘ vom aktuellen Album DOMINION OF DARKNESS lassen niemanden ruhig stehen. Fäuste fliegen in die Luft – das Publikum hat sichtlich Spaß an der australischen Huldigung von Tod und Verderben. Bis auf die Tatsache, dass eine geforderte Zugabe leider nicht gegeben wird, ist das zweifelsohne ein Killer-Set.

Nun liebe Berliner, eine Frage bleibt trotzdem: Warum war das Blackland denn nur zur Hälfte gefüllt? Schaut geneigter Underground-Fan tatsächlich lieber den Sonntags-Tatort? War es tatsächlich zu warm? Oder liegt es einfach daran, dass Berlin, Konzerte betreffend, viel zu überlaufen ist?

An den Bands kann es zumindest nicht gelegen haben! Leute: Augen und Ohren aufhalten! Dann verpasst ihr auch nicht so etwas grandioses, einmaliges und – ja, ich benutze dieses Wort – schönes wie vergangen Sonntag.

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Heavy Metal in der DDR: Der Weg nach oben

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