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METALLICA Death Magnetic

Metal, Universal 10 Songs / 74:41 Min. / 12.09.2008

6/ 7
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Foto: Universal

Eine der herausragendsten Leistungen in der 25-jährigen Veröffentlichungsgeschichte Metallicas ist, dass sie sich stets einen Dreck um die Erwartungshaltung von Medien und Fans geschert haben – und trotzdem zur unbestritten größten Metal-Band der Welt avancierten. Wenn man den stilistischen Raum abstecken möchte, den die Band seit dem Debüt KILL ’EM ALL (1983) beackert hat, durchbricht man die Grenzen des Speed-, Heavy- und Thrash Metal ebenso wie die des Heavy- und Alternative Rock.

Metallica blieben immer flexibel, offen für neue Einflüsse, persönlich wie musikalisch – Lidstriche, Zungenküsse, Napster-Klage und Verbalattacken gegen die eigene Klientel („Metal-Fans brauchen einen Tritt in den Arsch!“) inklusive. Dabei korrigierten sie auch gern ihre eigenen Aussagen. Über den Vorsatz „Wir werden nie ein Video drehen.“ amüsieren sich die Musiker und wir noch heute. Der Wandel als einzige künstlerische Konstante.

Die Folge all dessen: Kein Album klingt (mit Ausnahme der LOAD und RELOAD-Sessions) wie das letzte. Die viel diskutierte ST. ANGER-CD (2003) fiel allerdings selbst in erwähntem Metallica-Kontext komplett aus dem Rahmen: 75 Minuten mitgeschnittene Band-Therapie, ein fieser Snare-Sound, der die Giftigkeit des Materials auf die Spitze trieb, und ein James Hetfield, dem nach seinem Entzug niemand gesangliche Harmonien abnötigen wollte. Klar ist: Ohne diese fast schon anarchisch anmutende Arbeitsweise (inklusive der kathartischen Exhibitionismus-DVD SOME KIND OF MONSTER) wären Metallica nicht mehr existent – aber vergessen wird auch: Bereits auf ST. ANGER feierte die metallische Aggression ihre Rückkehr in den Sound des Quartetts.

Und genau da knüpft DEATH MAGNETIC an, macht aber – natürlich – wieder alles anders. Metallica erlauben sich mehrere eineinhalbminütige Metal-Intros (in der Zeit waren auf dem schwarzen Album schon fast die Soli am Start), Thin Lizzy-Harmonien, klassisch zweistimmige Soli und knacken in Serie die Sieben-Minuten-Grenze.

„Wie würden Metallica klingen, wenn heute 1986 wäre?“, sei die musikalische Maßgabe für das neue Album gewesen, berichten Frontmann James Hetfield, Gitarrist Kirk Hammett, Schlagzeuger Lars Ulrich und der neu hinzugestoßene Bassist Robert Trujillo unisono. Was natürlich in dem Sinne Quatsch ist, als dass Metallica sich auf DEATH MAGNETIC fortlaufend selbst zitieren. Teile von ‘Cyanide’ klingen nach LOAD (1996) und METALLICA (1991), die überragende erste Single ‘The Day That Never Comes’ nach einem Mix aus den Balladen ‘Fade To Black’ (1984), ‘One’ (1988) und dem höllischen Groove des schwarzen Albums. Der Opener ‘That Was Just Your Life’ nimmt den Furor von ‘Blackened’ (1988) auf, ‘All Nightmare Long’ verströmt in den letzten Minuten den primitiven Charme von KILL ’EM ALL (ebenso wie der Rausschmeißer ‘My Apocalpyse’). Ja, selbst einige ST. ANGER-Momente finden sich in ‘The Judas Kiss’ oder in der sich partiell überschlagenden Stimme von James Hetfield.

Auch ein Instrumental (‘Suicide & Redemption’) taucht nach zwanzig Jahren Abstinenz wieder auf, wobei dieses nicht ganz an die Intensität und Brillanz seiner Vorgänger ‘The Call Of Ktulu’, ‘Orion’ oder ‘To Live Is To Die’ heranreicht. Nach langer Abstinenz kommt zudem der typisch abgehackte Gesangsstil des Thrash Metal zu seinem Recht. Kein Wunder also, dass die neue CD oft mit der progressiven Denkweise von …AND JUSTICE FOR ALL (1988) verglichen wird, wobei dieses Album stilistisch sehr viel stringenter konzipiert war. Metallica preschen auf DEATH MAGNETIC im Stechschritt durch ihre eigene Historie – und zwar gern in ein- und demselben Song. In ‘The End Of The Line’ gelingt beispielsweise der gewagte Spagat zwischen der LOAD-Zeit und ‘Creeping Death’, ‘Broken, Beat & Scarred’ kreuzt ‘Wherever I May Roam’ im Soloteil für einige Minuten mit ‘Master Of Puppets’ (1986).

Aufgrund dieses Puzzle-Charakters ist DEATH MAGNETIC zwangsläufig ein Werk, das öfter gehört werden muss – einzige Ausnahme: die ohnehin kompakte Ballade ‘The Unforgiven III’. Und: Es lohnt sich, hier Zeit zu investieren. Mir, der METALLICA für das Überalbum schlechthin hält, wäre an mancher Stelle zwar das Bob Rock-Glätteisen ganz lieb gewesen, um Übergänge flüssiger zu gestalten, aber dafür entwickelt die Produktion von Rick Rubin einen extrem herausfordernden Charakter. Ich bin sicher: DEATH MAGNETIC wird mich noch Monate zu fesseln wissen. Ihr wolltet ein Album, das hundertprozentig nach Metallica klingt und trotzdem zu überraschen vermag? Hier ist es. Was als nächstes kommt? Das kann bei dieser Band niemand sagen. Zum Glück.

Kommentare der Redaktion

Metallica machen mal wieder alles richtig: Sie nehmen die besten Riffs, Ideen und Arrangements aus allen zurückliegenden Alben, gehen mit Rick Rubin ins Studio, nennen das Kind DEATH MAGNETIC, und schon ist die Metal-Welt wieder zufrieden. Genial, wie sie ihre Krise überwunden haben – und genau das zeigen die starken Songs von DEATH MAGNETIC. Fette Riffs, mitreißende Arrangements, Soli vom Feinsten und Texte, die pointierter nicht sein könnten. DEATH MAGNETIC ist definitiv das beste Album seit dem „schwarzen“. Ein Album, mit dem sie sich selbst und vor allem den Fans beweisen, warum sie die größte Metal-Band der Welt sind – und noch lange bleiben werden.
Thorsten Zahn (6 Punkte)

Das haben Hetfield & Co. mit Jesus gemein: Gestern noch ans Kreuz genagelt – heute die nie und nimmer für möglich gehaltene Wiederauferstehung. Mit DEATH MAGNETIC macht das Quartett aus San Francisco ST. ANGER zum Glück völlig vergessen und überzeugt mit Songs, die in dieser oder jener Form auch die ersten vier Alben veredelt haben könnten. Tolle Kompositionen/Arrangements in alter Stärke, endlich mal wieder Gitarren-Soli satt statt hirnloses Patchwork-Riff-Geschrubbe – warum nicht gleich so? Welch gelungene Wiederauferstehung – ähm: welch gelungenes Comeback!
Andreas Schöwe (5 Punkte)

DEATH MAGNETIC ist das, was man im klassischen Sinn unter „Patchwork“ versteht: Metallica verbinden die besten Ideen, Muster und Materialien zu einem bunten, widerstandsfähigen Klangteppich. Der wird die jungen Fans aufgrund seiner Vielfalt beeindrucken, die Anhänger der ersten Stunde durch die gelungene Integration des Traditionellen versöhnen. Das reicht für den Moment vollends aus und verdient Applaus. Allerdings steht eine Frage im Raum: Reicht beständig hohe Qualität für die Top-Position aus? Auf der Innovationsebene nämlich ist wenig passiert: Metallica stoßen auf DEATH MAGNETIC erstmals niemanden vor den Kopf – weder die Mainstream-Hörer noch die Die-Hards. Und wenn man zurückblickt, waren es stets die Reibungspunkte, die die Band nach vorne gebracht haben: die Melodien von MASTER OF PUPPETS, die Balladen auf METALLICA, das Rockige auf LOAD, der Stilbruch bei S&M oder der Sound von ST. ANGER.
Petra Schurer (5 Punkte)

Selbst Teile von Metallicas Harter-Kern-Gemeinde hätten nach ST. ANGER die Hoffnung auf ein befriedigendes Neuwerk auf den Sankt Nimmerleinstag datiert. Doch mit DEATH MAGNETIC gibt es nun endlich wieder richtigen Stoff anstelle von aggressionstherapeutischem Metallica-Methadon. Ein bisschen alte Zeiten, gepaart mit evolutionärer Song-Entwicklung und Vertracktheit, schuppig, ruppig und rockend – so feuert das Monster seinen ureigenen Appetit endlich wieder von selber an. Zehn versöhnliche Gebote – erlösend und ergreifend zugleich.
Frank Thiessies (6 Punkte)

Da sieht man mal wieder: Man sollte sich auf keinen Fall von den vermeintlichen Experten im Internet falsche Erkenntnisse einreden lassen. Dass DEATH MAGNETIC viel besser ist als diese Wissens-Autisten behaupten, offenbart bereits ein Durchgang. Geile Riffs; guter, drückender Sound; viele kleine, immer wieder neu zu entdeckende Details und Raffinessen sowie zum Teil gar göttliche Soli aus Hammetts Wunderhänden. Das alles steckt in dieser schwermetallischen Wundertüte namens DEATH MAGNETIC, welche die komplette Schaffensphase des Bay Area-Quartetts abdeckt. Ein, zwei schwächere Momente gibt es zwar auch – aber das ändert nichts an der Tatsache, dass die größte Metal-Band aller Zeiten sich triumphal zurückmeldet. Begeistert:
Anzo Sadoni (6 Punkte)

Ich gebe zu, dass mir als beinharter Verfechter melodischer Metal-Alben der Vorgänger ST. ANGER ein Gräuel war. Das erbarmungslose Punk-Geschraddel, die halbgare Produktion, das uninspirierte Songwriting: Es konnte nur besser werden. Ist es gottlob auch, denn mit DEATH MAGNETIC kehren Metallica zu ihren ursprünglichen Riffs zurück. Die Scheibe klingt wie eine zeitgemäße Mischung aus MASTER OF PUPPETS und …AND JUSTICE FOR ALL. Ein Klassiker? Nein, aber eine durchaus gute Veröffentlichung. Für mich bleibt dennoch das schwarze Album unübertroffen, daran ändert auch DEATH MAGNETIC nichts.
Matthias Mineur (5 Punkte)

Angst und bange war vielen Fans. ST. ANGER hatten die meisten als Schlag in den Magen, angenehm wie Bauchweh oder gar Schlimmeres in Erinnerung behalten. Metallica lagen am Boden. DEATH MAGNETIC ist die Genesung einer Band, die Großes geleistet hat – doch eine Auferstehung ist das Album keineswegs. Da fallen eher Begriffe wie „solide“, „gutes Handwerk“ oder „Selbstzitat“. Es ist natürlich die Frage, an welchem Album man die Herren misst: MASTER OF PUPPETS, …AND JUSTICE FOR ALL, dem schwarzen Album oder eben ST. ANGER. Gemessen an letzterem müsste man sicher die Höchstnote zücken. Angesichts der gesamten Discographie dürften vier Punkte genau das widerspiegeln, was die neue CD eben ist: ein guter Weg zurück zum musikalischen Zenit der größten Metal-Band aller Zeiten.
Christian Hector (4 Punkte)

Mit einem Anlauf von schlappen 17 Jahren haben es Metallica endlich geschafft, ein starkes Album rauszuhauen, das die alten Fans zufrieden stellt und jüngere Hörer nicht verschreckt. Nummern wie ‘That Was Just Your Live’, ‘All Nightmare Long’ (Killer-Refrain!) oder das abschließende ‘My Apocalypse’ hätten qualitativ locker auf …AND JUSTICE FOR ALL stehen können. Und auch stilistisch werden Erinnerungen an den Prog-Happen von 1988 wach. Das ist mehr, als man erwarten konnte. Leider haben sich mit ‘The Unforgiven III’ und ‘Cyanide’ auch zwei Langweiler eingeschlichen, sodass am Ende kein perfektes, aber ein wirklich gutes Album steht. Willkommen zurück im Schoß der Familie, Lars „Metal ist tot“ Ulrich.
Marc Halupczok (5 Punkte)

Die Erwartungen an ein neues Album waren lange nicht mehr so hoch wie jetzt bei DEATH MAGNETIC – die Internet-Propaganda hat ganze Arbeit geleistet. Und doch ist das Album anders. Weder Achtziger, noch LOAD, noch ST. ANGER. Könnte daran liegen, dass es alles gleichzeitig ist und sich aus allen Phasen der Metallica-Geschichte bedient. Das ist teilweise anstrengend und braucht seine Durchläufe, zündet dann aber mehr und mehr. Irgendwann sind Hetfields „einsamer starker Mann“-Lyrics dann gar nicht mehr aus dem Kopf zu kriegen. Einzig wirklich trauriger Wermutstropfen: der mies übersteuerte Sound. Es ist teilweise echt Arbeit, sich da noch auf die Songs zu konzentrieren.
Tobias Gerber (7 Punkte)

Ich bin wohl einer der wenigen, der auch ST. ANGER etwas abgewinnen konnte – roh, kurz und knackig. Dennoch hat man natürlich immer die Glanztaten der Achtziger und der frühen Neunziger im Hinterkopf. DEATH MAGNETIC verbindet nun das Beste aus allen Schaffensphasen – die leicht progressiven Songs (…AND JUSTICE FOR ALL), Mega-Solis, schöne Thrash Metal-Attacken, Hetfields Stimme und Songs, die einfach ins Ohr gehen – auch wenn der eine oder andere kompakter hätte ausfallen können. Metallica waren zwar nie richtig weg, aber nun sind sie wieder voll da!
Florian Krapp (6 Punkte)

Als Metallica-Fan der ersten Stunde gab ich keinen Pfifferling mehr auf meine ehemaligen Lieblinge. Dafür veröffentlichten sie seit zig Jahren einfach zu viel erbärmlichen, uninspirierten Schrott. Der ewige, unverdiente Hype um diese zur Durchschnittscombo verkommene Band ging mir gehörig auf den Sack. Dementsprechend ist DEATH MAGNETIC eine kleine Sensation: brettharte, voluminöse Produktion, Hammett spielt wieder Soli, Hetfield zeigt unwiderstehliches Charisma, Ulrich scheint es wieder Spaß zu machen, und Trujillo wird von den anderen akzeptiert (anders als Newsted) – leidenschaftliche Spielfreude, geile Songs. Alles ist wieder da, was der Band seit ewiger Zeit – genauer: seit MASTER OF PUPPETS (…AND JUSTICE FOR ALL war phasenweise ein Langweiler) – langsam aber sicher abgegangen ist. Super!
Detlef Dengler

Ein zweites MASTER OF PUPPETS oder RIDE THE LIGHTNING durfte und konnte man nicht erwarten – aber reicht es deswegen schon aus, dass Metallica nicht erneut so ein krudes Teil wie ST. ANGER auf den Markt werfen? DEATH MAGNETIC profitiert vor allem davon, dass Bob Rock seine Finger nicht mehr im Spiel hat und die allgemeine Atmosphäre des Albums wieder zurück zu den glorreichen Thrash-Tagen geht. Die Songs können da nur zum Teil mithalten: Das Instrumental ‘Suicide & Redemption’ ist der Hammer, ‘The Unforgiven III’ dagegen ziemlicher Müll – wie leider auch der Sound, der mir viel zu komprimiert ist. Dennoch: Mit der Band ist wieder zu rechnen!
Robert Müller (5 Punkte)

Metallica sind und bleiben die Chefs, weil sie mit DEATH MAGNETIC einige Sachen richtig machen, die in den letzten Jahren nicht stimmten. Vor allem sind Metallica-Alben immer interessanter als die der Thrash-Konkurrenz, weil mehr als vorhersehbares Moshen-nach-Zahlen passiert. Dass die Herren jetzt auch wieder mehr reinhauen und vieles sogar nach den unantastbaren Achtziger-Werken klingt, stört natürlich nicht. Allerdings sind die Songs viel, viel zu lang – und schlechte Arrangements waren das wirkliche Problem von ST. ANGER, nicht die Snare. Und der Sound hier ist auch nicht erste Sahne. Mir fehlen vor allem mehr Hits, mehr Hooklines und mehr Songs, die über Riff-Attacken hinausgehen – selbst wenn Hetfield die besten Riffs im Business schreibt. Alles in allem eine gute, aber nicht überragende Platte.
Christof Leim (5 Punkte)


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