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Tief im Untergrund: So war das Berlin Deathfest 2013

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Wo findet man heute noch Sympathie ohne Grenzen? In der Reinkultur der Zermürbung, in der wahnwitzigen Welt der Grundverschiedenheit aus waschechtem Zusammenhalt und brutalster Gegensätze, kurz: Im schaurig-schönen Schlachthaus des Slam Death Metals. METAL HAMMER war am 4. und 5. Oktober 2013 zu Gast beim ersten Berlin Death Fest im H.O.F. 23.

Ein klitzekleines Wörtchen mit vier Buchstaben, das so viel vereint: Slam! Gummienten, rosa Plüsch-Pullis, hexenhafte Kreistänze, hackende Hände und Bandnamen wie Pighead – es gibt nichts, dass es hier nicht gibt. Das wissen die Fans zu schätzen, deshalb kommen grob gesagt 80 Prozent der Anreisenden nicht aus Deutschland. 333 Tickets gab es für das allererste Berlin Death Fest, nächste Saison mehr. Warum? Weil die in Berlin heimischen Veranstalter eine großartige Organisation auf die Beine gestellt haben, die so schöne Trüffelschätze aus dem düster-feuchten Erdreich gegraben haben, jedem eine knappe Stunde frei zur Verfügung stellte und so länderübergreifend eine Szene Subsubsub-Genre vereinte.

04.10.2013 – Der Freitag

Was schon der erste Abend mit knapp gehaltenen sechs Bands beweist. Festes Schuhwerk gilt definitiv als Wandertags-Pflicht! Slowly Rotten schleichen mit dröge drückendem Death Metal an. Denn was langsam verwest, wird endlich gut, heißt es ja. Sieht auch die sich langsam eingroovende Kreistanzgesellschaft. Pighead um Festival-Mitveranstalter Denny legen die Latte dann etwas höher, in Gesichtshöhe besser gesagt. Übles Geholze – ja, jetzt kommt der Brett vor’n Kopf-Flachwitz – mit nur einem Manko: Wille, ehemals Jehacktet, schafft heute nicht seine Tiefstleistung – im Growljargon gesprochen. Dafür kleben zwei Wochen Tour mit Katalepsy und Carnal Decay noch in seinem Broncialtrakt fest. Mehr als entschuldbar, behaltet die Berliner Jungs auf eurem Schirm! Prosyknesis bleiben nahtlos dran, den Drei-Bier-Frühstückern die Magenwände wie eine Waschtrommel umzukrempeln. „This song is for killing religious people“, schreit Sänger Bernard The Love Machine zu den Slam-Schlägen seiner englischen Kumpanen. Übrigens trägt er ein süßes Foetal Juice-Shirt, was die kongeniale Kreativität unter Slam Death-Bands bescheinigt. Unter den übrigen Übeln finden sich gern Aufdrucke wie Oral Fistfuck oder Coffin Syrup.

Finally, the Slam-Death-Circle-Pit is in da house! Carnal Decay rumpeln ihr guttural unterlegtes Gekloppe in die Belastbaren. Schön vor allem die lockige Isa Iten an der Gitarre. Was kann eine Frau derbe ins Kantholz greifen und noch so grooven? Sehr sympathisch! Vor allem neben dem oberkörperfreiem Muskelmann Michael Kern. Irrer Wahnsinn, der da abgeht. Weltenverschiebung. Verrückt bleibt es auch bei den spanischen Carnivorous Voracity. Drummer Edgar rommelt die Trommel ordentlich, Gravity Roll-Belastungstest, während die Bassdrum die Gehörknöchelchen anknackst. Specht, was kannst du noch gleich? Kehlenausquetscher Seyerot gräbt sich mit seinen Growls in tiefstes Erdreich, der Circle Pit tut es ihm gleich. Eine derbe Blastkapelle, die wortwörtlich Pickel sprießen lässt,  brutal as fuck! Größter Jubel bis dato. Prädikat „fett“ liegt zur Abholung bereit.

Zum finalen Kopfkiller warten die Moskauer Kampfmaschinen Katalepsy auf. Ihr Dying Fetus-Groove bringt die Hip-Hop-Hände zum Massen-Bounce; auch bei ihren beiden Tourbegleitern, die sich das Schauspiel von der Bühnenseite gönnen, nebst den riesigen Ziegel-Zylindern in der imposanten H.O.F. 23-Halle. Krasseste Growls von Sänger Igor Filimontsev bringen das Gebälk zum Zittern, da wirken selbst die Stagedives unbeholfen. Überslam „Consuming The Abyss“ geht an die Decke und 1000 Backenschellen regnen herunter. Chose besiegelt, die geistig Labilen vor die Tür geworfen.

05.10.2013 – Der Samstag

Müde Gesichter am nächsten Morgen, zumindest von den Wenigen, die sich so früh dem Licht des Tages ausgeben wollen. 14 Uhr starten Maximize Bestiality mit ihren Schunkel-Rhythmen. Tote Hose leider im Saal. Mehr Herbsterwachen folgt bei Incaceration, die den Oldschool Death treu bleiben, aber mit der Crust-Ecke liebäugeln. Wohl bekomm’s! Das sitzt erstmal. Genau wie Goreputation, Slam-Flagge wieder in der Luft. Schreihals Lukas kann selbst nicht glauben, dass so viele Sickos am Start sind! Da staunt auch Begging For Incest-Sänger Meik, der hier äußerst beachtlich das Unter- wie Oberholz am Schlagwerk bearbeitet. Locker flockige Tanzeinlage ohne viel Schnickschnack, schön.

Das erste Aufbäumen legt sich leider wieder langsam, als Acranius ihren kennste-einen-Song-kennste-alles-Brühe über die Meute gießen. Ja gut, der Circle Pit bleibt bestehen, ihr Deathcore-Slam leider kaum im Ohr. Solide eindimensional darf man sagen. Escarnium rotzen dann fast as fuck Thrash/Death hinterher. Auch hier hinkt noch der Sound. Ihre Gitarren verschrobeln sich im Grind-Gewirr, die Drums hämmern vorherrschend. Zum zweiten Mal sind die Brasilianer in Berlin, fideln starke Soli, verhaften sich aber selbst mit Platitüden-Titel wie „Dark Clouds Above Hell’s Fire“. Dazu passend ihre adäquate Lockenpracht, Kutte, Blue Jeans, Acting-like-Heeman und look-a-like-Mille-Petrozza-Attitüde. Sehr bierernst.

Was die europäische Gemeinschaft hier will, ist Gorezone – groovenden Grind mit überengagierten Kraftpaketen im Bierbauch-Bereich. Eine paar Black-Gore-Growls zu festförmiger Masse geschlagen, ergibt ein Ziegelsteinweitwurf straight in your face. Gitarrensound auf Kiesberg-Geschmeidgkeit gebürstet, Presslufthammer-Bassdrum angemacht und eine hält dazu ein Schaufensterpuppenbein in die Luft. Pure Romantik. Die alte Masche Hack-Hack-Röhr-Röhr läuft halt immer wieder. „Consuming The Weak“ und fertig ist der Lack!

Da denkt man, das war schon der Shit, da überraschen Begging For Incest mit ihrem Sturz der Festivalkönige (bis dato Katalepsy). Ein Unterschied wie Tag und Nacht zu Gorezone, und selbst die waren tight, Alter, sagt man ja in Berlin. Bree-Tier Meik pusht den größten Circle Pit der Slam-Sause, fettness-as-its-best. Und das mit nur einem Gitarristen! Zu dreit auf der Bühne! Motherfucker, what?! Ausrasten im Dauerlauf. Begging sind selbst maßlos überwältigt, können nicht fassen, was da gerade zu ihrem Beatdown-Blitzgewitter abgeht. „Bashed Beyond Recognition“ zu Seifenblasen schließt. Wie lange kann der Typ seine Stimme bitte halten? Die Umarmungen mit Pighead haben sich die Jungs mehr als verdient.

Stimmung am Siedepunkt: Cytotoxin werden mit willigen Chansons empfangen. Hüne Grimo im blauen Nike-Shirt eröffnet das Bree-Gebolze mit prallen Pig Squeals in Arnold Schwarzenegger-Bestimmtheit. Der Pit ist noch kochend heiß, das geht in die Luft. Wenn Grimo nicht Harakiri-Selbstversuche mit dem Mikro an sich vornimmt, schluckt er auch mal das Mikro ganz Gender-Studies-getreu. „Habt ihr Bock auf äußerste Brutalität?“ Joa, damit könnte man sich anfreunden. Beneath The Massacre-Sweeps werden zwischen Bree-Bree-Slam-Slam-Pop-Arrangements rausgefischt. „Jetzt kommt die Abrissbirne“. Recht hat der Muskelmann. Stagedives und Circle Pits erinnern an ein viehgetriebenes Schlachthaus, Grimos Pig Squeals ahmen 1000 sterbende Schweine nach.

Cerebral Incubation begnügen sich ähnlich: Ins Unendliche hallendes Quieken über das Blastbeat-Gravity-Roll-Abrisskommando an den Drums – Hacke Hacke Kuchen, der Jockel hat gerufen! Selbst wenn der Witz mittlerweile schon überhört gelten sollte, läuft der Strudel Schaulustiger flüssig weiter. Hoch-wie-breit-Bassist Ben Martinez schaut kurz zum Wölfi-Gedächtnis-Bauch-Sänger Andrew LoMastro, dann drischt „Subdermal Defecation“ auf das nicht müde werdende Fußvolk. Bis es sich auf die Bühne begibt – inklusive stagedivenden Verrückten mit Roland-Kaiser-Shirts – und den bösesten Slam bisher abfeiert. „We want more” hallt durch den H.O.F. 23 ,so laut wie noch nicht bisher. Schön, wie Musik auf’s Minimalste heruntergebrochen, so viel auslösen kann.

Dem bleiben Ingested standesgemäß treu, stumpf ist Trumpf. Würden Suicide Silence jetzt Slam/Death/Grind machen, hier wären sie. Mit good ol‘ American Overacting und mechanisierten Terminator-Posen stolzieren die Manchesteraner roboterhaft zu ihrem Deathcore-Drall. Interessant, wie nah die Genres doch beieinander liegen; Hardcore-Hampeleien sind dennoch nirgends auszumachen, das gesittete Rundreise-Marschieren bleibt ein unergründlicher Szenemythos. „Cremated Existence” bringt den megamäßigsten Groove in Vier-Akkord-Power.

Ghetto-Fäuste ahmen Limp Bizkits „Rollin” nach. Manche stürzen, andere rotieren weiter, einige über den Köpfen der Handhacker. Der erste Krankenwagen wird gerufen, die Sickos tragen den Umgekippten auf die Straße. Richtig sicker Shit, genau. Und doch gibt es nebenbei den Träumer am Rande, der im Handy das Bild seiner Zukünftigen betrachtet, während gegenüber die stralle Dame in einem hingehaltenen Müllbeutel ihren Alkoholkonsum rückwärts abspult. Der Bierteppich wurde ausgelegt, der Boden klebt, der letzte Song „This Disgusting Revelation” beginnt. Wieder ist die Bühne voll, Kniebeuger umrahmen Sänger Jay Evans mit seinen blutunterlaufenen Kontaktlinsen. Schluss, auf ins Nachtleben. Weiße Shirts sind jetzt schwarz, durchgeslammt und zugehurt.

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