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Gojira-Interview zum re-Release von TERRA INCOGNITA

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Schon beim Debüt sind die Brüder Joe (Gesang, Gitarre) und Mario Duplantier (Drums), Jean-Michel Labadie (Bass) und Christian Andeu (Gitarre) auf der Weltkarte des Metal nur schwer zu verorten. Vergleiche mit Meshuggah, Mastodon und Sepultura sind Notbehelfe, die bestenfalls andeuten, dass sich hier jemand nicht mit High-top-Death Metal aufhält. Um Gojiras versponne Riffmonster zu erfassen, hilft seitdem nur: sich hineinplumpsen lassen. Aufdrehen. Loslassen. Das kann einen Lautsprecher die Bässe kosten, aber wenigstens das Hirn hebt es auf eine höhere Stufe. Spätestens seit ihrem dritten Album FROM MARS TO SIRIUS (2005) auch jenseits der Heimat ein Begriff, haben die freundlichen Ökokrieger letztes Jahr das fulminante THE WAY OF ALL FLESH aufgetischt – ein death-proggiges Memento Mori, das so manchem ein drittes Ohr gerissen hat.

Umso interessanter gestaltet sich nun der Trip zurück. TERRA INCOGNITA enthält zum Teil Wiederaufnahmen alter Demos, darunter auch Stücke aus der Zeit, als die Band noch Godzilla hieß. Damit reicht die Reise weiter in der Bandgeschichte zurück, als das Erstveröffentlichungsdatum 2001 vermuten lässt. Heute einen Brecher wie ‚Clone‘ oder die Ethno-Percussion von ‚5988 Trillions de Tonnes‘ zu hören, ist dabei ein Augenöffner, denn schon deuten sich kommende Songs wie ‚Backbone‘, ‚Oroboros‘ und ‚Yama’s Messengers‘ an. Es ist alles schon angelegt: die auf den Punkt gegarte Härte, die flackernden Verweise auf Pink Floyds ‚Astronomy Domine‘-Ära, die angeschrägten Winkel – unmissverständlich Gojira, selbst der kuriose, hörspielhafte Ausreißer ‚Satan Is A Lawyer‘.

Zur Freude aller, die angesichts der Second Hand-Preise von TERRA INCOGNITA bisher empfindlich zusammenzuckten, haben Gojira ihr Debüt soeben in fast originalgetreuer Ausgabe wiederveröffentlicht. „Fast“, weil drei Bonus-Livetitel hinzugekommen sind und dafür ein spiritueller Teil des Original-Artwork weggefallen ist. Ansonsten alles drin, alles dran.

METAL HAMMER: Joe, was hast du gedacht, als du TERRA INCOGNITO jetzt das erste Mal in seiner Gänze wieder gehört hast? Wie schätzt das Album heute ein?

Joe Duplantier: Naja, mir fällt es schwer, unsere alten Sachen völlig objektiv zu beurteilen, also lass mich einfach sagen, diese Songs werden für immer integraler Bestandteil dieser Band sein. Dass Songs wie ‚Clone‘ und ‚Lizard Skin‘ immer noch fest auf unserer Setlist stehen, kommt glaube ich nicht von ungefähr…

METAL HAMMER: In Frankreich bedeutete TERRA INCOGNITA für euch den Durchbruch; im Rest Europas sollte es mindestens noch ein Album – eher zwei – dauern, bis man auf euch aufmerksam wurde. Ist die Wiederveröffentlichung nun auch ein kleines Ätschibätsch gegenüber Unkenrufern und Nachzüglern?

Joe Duplantier: Nein, nicht wirklich – wir wussten schon damals, dass es Zeit brauchen würde, um in diesem Geschäft voran zu kommen; um so mehr, als wir kein Label im Rücken hatten. Wenn du es mit der Musik schaffen möchtest, ohne Kompromisse zu machen oder Abstriche an deiner künstlerischen Integrität zu dulden, musst du sehr viel Geduld aufbringen. Dass wir TERRA INCOGNITA jetzt wieder veröffentlichen, liegt schlicht daran, dass es damals nicht die Aufmerksamkeit erhielt, die es verdient hatte und zudem über die Jahre schwer erhältlich war. Listenable Records war schon lange an einer Wiederveröffentlichung interessiert, und wir fanden, dass die Zeit dafür jetzt reif war.

METAL HAMMER: Ist die Erstauflage komplett vergriffen?

Joe Duplantier: Um ehrlich zu sein: keine Ahnung! Ich würde aber bezweifeln, dass sie noch regulär erhältlich ist, denn als wir sie im Jahr 2000 in Eigenregie pressen ließen, war die Auflage winzig. Das Interesse an Gojira war minimal, und alle unsere Versuche, einen Plattendeal zu bekommen, waren elend gescheitert. Also entschieden wir, es auf eigene Faust zu versuchen, als Produzent, Label und Management. Dieses Album ohne jede Garantie oder professionelle Infrastruktur rauszubringen, war eigentlich eine totale Schnapsidee.

Ich weiß noch genau, wie dieses riesige Paket mit 2500 CDs angeliefert wurde und auf einmal in meiner Küche stand. So fing alles an: wir Vier, 2500 CDs, die wir selber bezahlt hatten, unsere Familien und Freunde… und vor uns die Zukunft.

METAL HAMMER: Wart ihr versucht, das Album für den re-Release zu überarbeiten?

Joe Duplantier: Wir haben nichts angerührt, nur die Live-Bonustracks ans Ende gefügt. Klar besteht die Versuchung, so was neu zu mastern oder gar neu aufzunehmen, aber ich denke, es ist wichtig, das Album exakt so zu belassen, wie es war.

METAL HAMMER: Wenn ihr TERRA INCOGNITA unter heutigen Gesichtspunkten schreiben würdet, mit den Erfahrungen und Einsichten der letzten paar Jahre, was würde sich musikalisch und textlich ändern?

Joe Duplantier: Wir würden es wohl THE WAY OF ALL FLESH nennen, ha ha ha! Womit ich sagen will, dass unsere Intention immer die gleiche geblieben ist, von Anfang an. Und trotzdem würden der Sound, der Mix, die Kompositionen anders klingen, denn wir sind heute andere Menschen.

METAL HAMMER: Von wem stammt eigentlich die männliche Stimme am Anfang von ’04‘?

Joe Duplantier: Das ist mein Onkel! Er ist Amerikaner, wie meine Mutter, und er hat eine einzigartige Stimme und Persönlichkeit. Dieses Stück ist eine Ode an den Mut, den man braucht, um in dieser Welt am Leben zu bleiben. Das Intro ist eine Nachricht, die er auf dem Anrufbeantworter meiner Mutter hinterlassen hatte.

Später hab‘ ich ihn auf seinem Handy angerufen, damit er noch etwas für ‚Blow Me Away You(Niverse)‘ aufspricht: Er sollte so laut schreien, wie er nur konnte, also ist er aus seinem Haus gelaufen und hat auf der Straße alles zusammengebrüllt. Der Typ kann mit seiner Stimme Tote wecken! Er ist ein echtes Original. Am anderen Ende der Leitung saß dann ich mit meinem winzigen Mikro, und es ist mir fast aus der Hand geflogen ist, als er losbrüllte – ich war völlig platt, denn er tat so, er sei mit einer Vietnam-Einheit unter Beschuss… Das war ’ne beeindruckende Aufnahme.

METAL HAMMER: Die Neuauflage von TERRA INCOGNITA enthält leider nicht den im Innencover gedruckten Hindu-Text der Erstversion. Worum ging’s darin?

Joe Duplantier: Es ist eine bekannte Sage, die perfekt zum Konzept von TERRA INCOGNITA als einem unbekannten Land passte. Dieses unentdeckte Land ist ein Ort in uns selbst, den es zu entdecken gilt – der eine Ort, wo wir Frieden, Erfüllung und die Antwort auf unsere persönlichen Fragen finden können. Der Vollständigkeit halber… hier noch mal der Originaltext:

„An old Hindu legend says there was a time when men were gods. But they abused their divine powers so much that Brahma, the master of all gods, decided to take these powers away and hide them in a place where they would be impossible to find. All that remained was to find a suitable hiding place. A number of lesser gods were appointed to a council to deal with the issue. They suggested this: “Why not bury man’s powers in the earth?” To which Brahma replied, “ No, that will not do because man would dig deep and find it.” So the gods said, “In that case, we will send their divinity to the deepest depths of the ocean.“ But Brahma replied again, “Sooner or later man will explore the depths of the ocean and it is certain he will find it and bring it to the surface.“ So the lesser gods concluded, “Neither land nor sea is a place where man’s divine powers will be safe, so we do not know where to hide it.“ At that moment Brahma exclaimed, “This is what we will do with man’s divinity! We will hide it deep within him because that is the only place he will not think to look.“ From then on, according to the legend, man searched the world over; he explored, climbed, dove, and dug in search of something that was inside himself the whole time.“

METAL HAMMER: Die drei Bonus-Livestücke (‚Clone‘, ‚Love‘ und ‚Space Time‘) repräsentieren die Gojira der „mittleren Ära“, aufgenommen im Februar 2006. Nicht, dass es an frischem Material mangelte; seit der Veröffentllichung von THE WAY OF ALL FLESH wart ihr fast ununterbrochen auf Tour, seid gerade frisch zurück von eurer ersten Headlinertour in den USA… Aber wie man euch kennt, war das Archivmaterial eine bewusste Entscheidung.

Joe Duplantier: Richtig. Wir wollten unseren Hörern etwas Besonderes bieten, und dieser Antwerpen-Gig war einer unserer allerersten Auftritte außerhalb Frankreichs – also ein Symbol dafür, dass aus Gojira langsam eine internationale Band wurde. Außerdem verbinden wir mit diesem Konzert klasse Erinnerungen – da schien es nur folgerichtig, diese Songs zu nehmen.

METAL HAMMER: In Kürze supportet ihr Metallica auf ihrer US-Tour. Löffelt euch das exzessive Touren nicht allmählich das Gehirn aus?

Joe Duplantier: Haha… Ja, stimmt schon, momentan bringt uns das Touren ein bisschen um. Nach der Metallica-Tour müssen wir dringend ein paar Monate ausspannen. Aber wir wissen, wer wir sind und was wir wollen, und dass wir so hart mit und an Gojira arbeiten, ist ja bewusste Entscheidung. Wir freuen uns jedenfalls schon auf das nächste Album – und wir haben ein paar noch geheime Projekte am Start, hehe.

Joe könnte uns davon sicher mehr berichten, aber dann müsste er uns leider töten… TERRA INCOGNITA indes ist in Europa am 24. August 2009 als Limited Edition Digipack über Listenable/Soulfood erschienen.

 

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