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Im Pit bei: Converge + Rotten Sound

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Sommer in Berlin heißt Muskelshirt raus, Tattoos offenbart. Und vor allem genüsslich am süßen Feierabend-Getränk süffeln, was sonst so einen schmalen Fuß macht. Nicht aber heute, denn Converge wissen, wie man ordentlich Dampf unter der Schuhsohlen schwelen lässt. Deswegen stehen auch die äußerst ansehnlichen, feinst Zugestochenen bis 21 Uhr vor dem Magnet Club, um sich schnell noch Abkühlung zu verschaffen.

Weise Entscheidung, denn die beginnenenden Rotten Sound könnten leicht im Halse stecken bleiben. Hinter den Finnen verstecken sich 20 aberwitziger Jahre Grindcore, die sie heute – in Lichtgeschwindigkeit – in eine straffe halbe Stunde verpacken wollen. Dementsprechend ruppig ruckeln Rotten Sound ohne weitere Worte los – zwar mehr an den Gitarren selbst, als an den Saiten, aber das hat was mit Gegenliebe zu tun. Wenn nicht die gesamten umgebenden Wände auf einen hereinbrechen, geht es auch mal grandios groovig im Schüttelmodus wie ekstatisch elektrisierend in „Self“. Ein Moshpit zu erwähnen, wäre spätestens jetzt redundant. Der bleibt auch mit seinen eingeschworenen Stammgästen ununterbrochen beständig, weil Rotten Sound ihre selten länger als zwei minütigen Stücke einfach Knall auf Fall aneinander pressen. Pause ist nicht. Ein rotes Tuch Bühnenlicht überlässt die vor sich hin hackenden Grindcore-Fetischisten ins erfrischende Luft schnappen. Das brauchen sie auch dringend, denn jetzt geht’s erst richtig los.

Was Motörhead für den Rock bedeuten, sind Converge für den Hardcore: eine verdammt wütende Furie, die in Windeseile über alles hinwegfegt, was nicht bei Drei auf den Bäumen ist. Entgegen dem kommen die Vier aus Boston relativ gelassen auf die Bühne – bis auf Sänger Jacob Bannen, der schon beim Soundcheck rotierte. Höflich genug ist er dann aber noch, die Fans entscheiden zu lassen, ob weiter Madonna aus der Dose laufen soll oder es abgehen kann. Als Zweiteres gefordert wird, dauert es – un – ge – lo – gen – keine zwei Sekunden, da ist die ganze Meute außer Rand und Band. Noch in der ersten Minute überschlagen sich die abgehärtetsten Hardcore-Fantasten über der schwitzenden Menge. Gleich wütenden Wasserfällen rauschen immer wieder völlig nasse, im eigenen Sud ertränkte Lüstlinge über den Moshpit. Oder sie halten kurz inne, entwenden Jacob das Mikro um wie in „Drop Out“ eine ganze Strophe zu stibitzen und ihre Qualitäten aufzuführen. Da kann der Sänger auch nur grinsend die Schultern zucken.

Mitten im hektischen Saitengezitter beim Ausklang von „Drop Out“, dass Gitarrist Kurt Ballou hypnotisch tappt, genügt ein Blick in die Runde, um die sinnesauflösende Ekstase förmlich in sich aufzunehmen. Durch den spärlich blassen Lichteinfall schauen aus Kurts tiefen Gesichtsgruben zwei gläsern gewordene Augen, völlig in der Schwerelosigkeit des eigenen Spiels aufgegangen. Nicht nur seine spärlichen Bewegungen muten an Äther-Trancen an. Bei Drummer Ben Koller sind dagegen wirklich alle Gesichtsmuskeln beim Trommeln beteiligt; unzählige Zuckungen durchfahren vor angestrengten Kloppereien jede Faser seines Kopfes. Bassist Nate Newton befindet sich derweil entweder in der Luft, die Beine bis zum Arsch angewinkelt, oder schwingt seine adrett geschnittene, schwarzhaarige Mähne in alle Richtungen. Schreihals Jacob rennt sowieso nur von einer Seite zur anderen, hält seine sich immer wieder zusammenklappende Hand hoch, um zu sagen: „Da geht noch was!“

Nach den ganzen Nackenmassagen – wie in „Black Clouds“ mit furios doomigen Finale – atmen Converge durch. Dynamik ist ihnen eben wichtig, weil die wahnsinnige Wucht, die sie einem da in die Fresse pfeffern, selbst die Hartgesottensten keine Stunde in Rage lassen können. Demnach ist der Titeltrack „All We Love We Leave Behind“ mehr als gekonnt mitten im Set plaziert, um im Groove-Takt die zitternden Leiber zu beruhigen. Auch „Aimless Arrow“, „A Glacial Place“, „Veins And Veils“ sowie „Trespasses“ kommen vom Neuwerk zu gewalttätigster Geltung. Nach „Heaven In Her Arms“ ist aber Schluss – nur noch für „The Broken Vow“ lässt sich die Hardcore/Punk/Metalband blicken und schickt die durchtränkten Verrückten ins inzwischen stürmerisch verregnete Gewitter nach Hause.

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Heavy Metal in der DDR: Der Weg nach oben

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