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Maik Weicherts Kolumne: Heldengedenken

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Heaven Shall Burn Maik Weichert
Heaven Shall Burn 19.03.2010 Session
Weimar – , Germany

Da ist es endlich, das lang ersehnte Epos zum einzig wahren deutschen Heldentum im zweiten Weltkrieg: Operation Walküre. Wahrscheinlich waren alle Gutmenschen in Hollywood gerade Promofotos mit zerlumpten Dritte Welt Kindern machen und so ist ein lupenreiner Humanist und Verteidiger der geistlichen und weltlichen Freiheit zu der Ehre gekommen, dem einzig wirklichen deutschen Freiheitshelden ein Gesicht zu geben: Tom Cruise.

Mit seinem Psycho-Lächeln aus dem Tiefkühlfach, den unübersehbaren Errungenschaften plastischer Chirurgie und seiner Gartenzwerg-Körpergröße ist er ja geradezu vorbestimmt, unseren größten deutschen Volkshelden darzustellen. Vielleicht war es ja auch nur ein provozierender Promogag, gerade einen Sekten-Mitanführer eine solche Rolle spielen zu lassen. Vielleicht sollte als Antwort auf die Vermessenheit der amerikanischen Filmindustrie die Bundesregierung die finanziellen Mittel bereitstellen, ein Filmepos über JFK zu drehen – mit Martin Semmelrogge in der Hauptrolle und Gülcan als Jackie Kennedy. Oder noch besser: einen Film über Martin Luther King – klar, dass hier Roberto Blanco für die Hauptrolle gesetzt ist! Für beide Projekte: Produzent Hans W. Geisendörfer, Drehbuch Christoph Schlingensiff und Regie natürlich Michael „Bully“ Herbig.

Dieser Stoff vom 20. Juli scheint wirklich so interessant zu sein, dass sogar der größte noch lebende und weltweit renommierteste deutsche Historiker – Guido Knopp – sich schöpferisch des Themas angenommen hat. Nun ist Herr Knopp ja dafür bekannt, dass er eigentlich verabscheut, Thematiken des zweiten Weltkrieges oder führende Nazipersönlichkeiten popularhistorisch auszuschlachten und zu Geld zu machen… Deshalb sei es ihm auch verziehen, dass seine uns (unter anderem im Frühstücksfernsehen bei „Volle Kanne“!!!) vermittelten Erkenntnisse vom wissenschaftlichen Anspruch her ungefähr zwischen einem schmierigen Landserheftchen und einem 3,99 Euro Weltkriegsgedächtnisbildband vom Weltbildverlags-Ramschtisch angesiedelt sind. Klar, eine solche Kolumne ist auch nicht mehr wert, aber das hier ist ja polemischste Kritik, und keine als wissenschaftlich fundiert verkaufte Arbeit, gelle!?

Aber wer waren denn eigentlich diese Helden vom 20. Juli, die heute das Paradebeispiel für den Widerstand der Gerechten im Dritten Reich sind? Das kann man bei den zahlreich Beteiligten (allein über 190 wurden hingerichtet) natürlich nicht im schnellen Überblick beurteilen und beantworten. Doch schaut man sich einige der Personen an, so muss man schon verwundert feststellen, dass da erzkonservative und sogar demokratiefeindliche Elemente involviert waren. Einige hatten noch Rechnungen mit Hitler aus der Vorkriegszeit offen, als sie aus der Wehrmachtsführung gedrängt wurden.

Wieder andere sahen wohl einfach nur in der beginnenden Endphase des zweiten Weltkrieges ihre Landgüter im Osten Deutschlands und ihren gesellschaftlichen Status bedroht und wollten Hitler loswerden, um in einem Verhandlungsfrieden noch zu retten, was zu retten ist. Neben Antisemiten wie Erich Hoepner gab es natürlich aber auch moralisch integere Offiziere, die im Fronteinsatz im Angesicht der Kriegsschrecken und Nazi-Grausamkeiten erst zu Hitlergegnern wurden. Das sollte man fairerweise nicht verschweigen.
Was sollte denn nach dem erfolgreichen Attentat aus Deutschland werden? Was hatten die Männer vom 20. Juli geplant? Dies zu beantworten, fällt schwer, aber so etwas wie eine demokratische Republik war wohl nicht geplant. Gerade jemand wie Ludwig Beck hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er den Einfluss der Militärs auf die Politik für absolut notwendig hielt. Auch angesichts des Corps beteiligter, erzkonservativer Diplomaten und Politiker, wie z.B. Carl Friedrich Goerdeler, fällt es schwer daran zu glauben, dass etwas anderes als ein (Militär-)Regime das Ergebnis gewesen wäre.

Ich möchte mir auch nicht herausnehmen diese Menschen moralisch zu bewerten oder über sie zu urteilen, dazu bin ich gar nicht in der Lage. Denn einerseits sieht man in ihnen Militaristen, Machtmenschen, Kriegsverbrecher, Erzkonservative, Antidemokraten und Wendehälse, andererseits aber auch mutige Charaktere, teils geniale Strategen, ehrenhafte Soldaten und opferbereite Kämpfer für ihre Sache. Ob diese Sache für die sie kämpften nun wirklich Freiheit im heutigen demokratischen Sinne war, ist wie gesagt eher zweifelhaft.

Und genau deshalb finde ich die heute stattfindende Heldenverehrung mehr als fragwürdig. Scheinbar ist man in Deutschland wirklich schon wieder soweit, dass man vom sauberen, moralisch integeren, verehrungswürdigen Soldaten träumt. Das ist die gleiche Attitüde wie die der Leute die uns immer noch die Möglichkeit von sauberen und chirurgisch präzisen Kriegen verkaufen wollen. Das scheint irgendwie in unserem Volk drin zu stecken, wir werden es wohl nie lernen.

no trade with death
no trade with arms
dispense the war
learn from the past
(Sodom, Ausgebomt)

Dass Rudolf von Gersdorff, der sogar bereit war bei einem Hitler-Attentat sein Leben zu opfern, als einer der wenigen überlebenden des militärischen Widerstandes gegen Hitler nach dem Krieg in der Bundeswehr nie wieder Fuß fassen konnte, weil Personen aus dem Umfeld Adenauers, sowie ehemalige Hitler-treue Offiziere, dies verhinderten, passt nur allzu gut zur Doppelmoral dieses Heldenepos!

Ein Herr Paulus (verheizte die 6. Armee bei Stalingrad) machte währenddessen sogar in der antifaschistischen Ostzone eine Nachkriegskarriere und ein gewisser Herr Filbinger wurde pompöser Landesvater in Baden-Württemberg. Von den Gedächtnislücken eines UN-Generalsekretärs namens Kurt Waldheim wollen wir auch nicht weiter reden…

Statt ständig und völlig überzogen einer Militär-Clique zu huldigen sollte man das Augenmerk lieber wieder auf Gruppen wie die Weiße Rose, den kirchlichen und bürgerlichen, sowie den sozialistischen/kommunistischen Widerstand richten, da gibt es viel mehr zu lernen.

Von mir aus können Kasernen und Fregatten nach den Soldaten vom 20.Juli benannt werden, da passt es hin. Aber eine Schule sollte z.B. eher den Namen Georg Elser tragen.

Wie? Den kennt ihr nicht? Ach so, ja, ist verständlich – bei der kärglichen Erinnerungskultur für Georg Elser. Der wollte ja mit seinem Hitler-Attentat 1939 lediglich den Krieg verhindern und nicht wie Stauffenberg 1944 viel zu spät beenden.

In diesem sinne, viel Spaß im Kino mit dem Tommy Krause! Und denkt dran: Hollywood ist immer noch die Hauptinstanz für historische Bildung! Das, was ihr da seht, wird bei dem größten Teil der restlichen Welt also als Wahrheit über den Widerstand im Dritten Reich ankommen. Selbst ein Auftritt Guido Knopps bei „The Dome“ oder im Dschungelcamp würde da nichts dran ändern.

 

Axel Jusseit Krefeld Germany
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