Dreifachalben sind nicht nur im Metal, sondern in jedem Genre populärer Musik selten. Künstler, deren Kreativität die Grenzen des „Normalen“ sprengt, versuchen sich gerne an Doppelalben und der Herausforderung, die Spannung über mehr als eine Stunde Musik aufrechtzuerhalten. Den finnischen Death-Doomern Swallow The Sun waren selbst zwei CDs zu wenig – mit dem Argument „Auch einen Roman bricht man nicht inmitten der Handlung ab!“ veröffentlichen sie ihr sechstes Opus als Dreifachalbum.
Der Einstieg mit Teil I gelingt reibungslos – hier führt die Band den schwer melancholischen Stil der Vorgänger (und ihrer Idole My Dying Bride, Paradise Lost und Anathema) fort: Sie lässt sich treiben (‘Rooms And Shadows’), forciert Tragik (‘From Happiness To Dust’), versinkt in Schwermut und Moll-Lastigkeit (‘With You Came The Whole Of The World’s Tears’), setzt aber auch auf unheimliche Klänge und schicksalsträchtige Riffs, die der mal helle, mal grunzende Gesang von Mikko Kotamäki unterstützt (abwechslungsreich in ‘10 Silver Bullets’ und ‘Silhouettes’, welches wunderbar mit Bassspuren spielt). Mitreißend, tiefgehend, emotional – perfektes Swallow The Sun-Material eben, wie es ihre Anhänger lieben. CD zwei widmet sich einer akustischen, klaviergeführten Reise durch Gefilde, in denen Wölfe heulen, der Gesang aber zumindest teilweise aus völliger Hoffnungslosigkeit auftaucht (‘The Heart Of A Cold White Land’, ‘Before The Summer Dies’), im Wechsel mit einer Frauenstimme wohltuende Sphären erforscht (‘Songs From The North’) und nostalgische, aber nicht unbedingt negative Emotionen erzeugt. Richtig düster fällt CD drei aus: Diese zeigt Swallow The Sun am Boden kreuchend, schwer grunzend im Funeral Doom-Gewand, entdeckt die Langsamkeit kunstvoll (‘The Gathering Of Black Moths’) und wartet gegen einige langatmigere Phasen (‘7 Hours Late’) mit gesprochenen Worten und Tempowechseln auf (‘Empires Of Loneliness’).
Das Finale überrascht und perfektioniert den Eindruck des vielfältigen Potenzials dieser Gruppe. Obwohl SONGS FROM THE NORTH I, II & III in seiner Gesamtheit ein schwerer, mit zweieinhalb Stunden fast unverdaulicher Brocken ist, erhält jeder Teil des Triptychons „Gloom, beauty and despair“ die Spannung und eine eigene Note – das Opus eignet sich jedoch weniger zum Genuss am Stück als zur bewussten Wahl einer der drei Möglichkeiten. Gemeinsam sind allen jedoch die Ziele der Finnen: Emotionalität, Einswerden mit Musik und der Wille, die innersten Gefühle des Hörers nach außen zu kehren, ihn sprach- und inhaltslos zurückzulassen und ihm als Katharsis ein Gefühl des Verstandenwerdens zu vermitteln. Ein ambitioniertes und gleichsam gelungenes Projekt!
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