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Wave-Gotik-Treffen 2023: Impressionen eines Neulings

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Als Freund von Düsternis und Eskapismus weckte das Wave-Gotik-Treffen in Leipzig schon vor Jahren einiges an Interesse bei mir. 2023 sollte es endlich klappen. Etwas Bammel hatte ich schon. Außer Type O Negative, Depeche Mode, The Cramps, The Cure und The Sisters Of Mercy bin ich dem Gothic-Genre musikalisch etwas fremd. Optisch sowieso. Wie würde mich das Publikum aufnehmen?

Das Universum gegen mich

Voller viktorianischer Vorfreude machte ich mich mit Kollege Konstantin Michaely Freitagabend auf in Richtung Leipzig. Im Auto läuft BLOODY KISSES der Drab Four. Bisher alles fein – Sonne scheint (zum Glück nicht zu viel), die Laune ist super. Dann zehn Kilometer vor Leipzig die Anzeige: „Motorschaden. Bitte Werkstatt aufsuchen“. Nun das volle Programm mit Warndreieck, Warnweste und devotem Warten beim ADAC auf einen Ersatzwagen. Stimmung: Scheiße.

Eindrücke des Freitags …

Ankunft 23 Uhr in Leipzig, der Stand für meinen Presse-Einlass hat zu. Was nun? Auf zur ‘Gothic Pogo Party’ im Werk 2. Eine vom Wave-Gotik-Treffen separierte Veranstaltung. Auf zwei großen Hallen verteilen sich Dark Wave-Musik vom DJ-Band und live spielende Künstler. Hier steigt die Gemütslage wieder, ich versuche mich an einigen peinlichen Tanzeinlagen. Trotzdem mache ich die ersten netten Begegnungen mit den Gästen. Die sofortige Erkenntnis: „Gatekeeping“ gibt es in dieser Szene anscheinend nicht. Niemand muss hier „True“ oder seit 30 Jahren dabei sein. Gegen 3 Uhr nachts meldet sich dann mein Magen, den ich mir nach dem Exciter-Konzert in Berlin mit einem gammeligen Döner ordentlich zerschossen hatte.

Die Gothic Pogo Party im Werk 2.

Schnell zu Schlafplatz-Gönner Matthias Klepzig – doch nur wie? Die öffentlichen Verkehrsmittel-Angebote in Leipzig sind nach 1 Uhr … schwierig. Taxis sind begehrte Ware, denn neben dem Wave-Gotik-Treffen muss die 590.000-Einwohner-Stadt am selben Wochenende auch noch ein Depeche Mode-Konzert und irgendwelche verdammten Fußballspiele bewältigen. Stimmung: Fantastisch.

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Wave-Gotik-Treffen: Eine Stadt sieht schwarz

Nach viel zu kurzem Schlaf prügeln mich die Sonnenstrahlen aus dem Bett. Das Wetter ist, was mir mehrere Menschen später als jedes Jahr wiederkehrendes Ereignis berichten werden, perfekt. Nicht zu warm, nicht zu kalt, und es gibt keinen Regen. Beste Voraussetzung für eine Meute, die am liebsten eine Farbe trägt, welche es in der prallen Sonne schnell unerträglich macht.

In einer kuschelig-engen Tram-Fahrt zieht es mich zum Epizentrum des Wave-Gotik-Treffens: Dem Agra-Messepark. Auf dem Weg schon viele freudige Bekanntschaften mit äußerst gut gelaunten Besuchern. Das Passagier-Bild verschwimmt zu einem sympathischen Mix aus interessierten Omis, Kindern mit weit offen stehenden Mündern sowie einer Bekleidungsstoff-Dichte der Farbe Schwarz von rund 98%. Die Wikinger-Krieger und Steampunk-Fans mit ihren schweren Rüstungen sind nicht zu beneiden.

Auf dem Agra-Gelände findet sich dann alles, was das dunkle Herz begehrt: Schmuck, Musik, Piercings, Tattoos, Fetisch- und finstere Freizeit-Klamotten. In dem großen Halle lassen wir uns von dem Techno-Geballer von Nachtmahr umpusten. Etwas zu stumpf für meinen Geschmack, schnell zur Beruhigung ins Heidnische Dorf. Vogelfrey trällern schöne Lieder, die Atmosphäre ist in dieser Waldlichtung äußerst dicht. Noch nie habe ich eine solch stimmige Ansammlung an Besuchern gesehen. Wenige Ausnahmen (darunter ich) lassen erahnen, dass man sich im 21. Jahrhundert befindet. Die Sonne geht unter und es zieht uns in den Keller.

Im Anschluss geht es zur zugehörigen Fetisch-Party „Obsession“, über welche ich den Mantel des Schweigens hüllen werde – Zwinker. Es sei jedoch gesagt, dass sich Publikum und Veranstaltungsort wieder äußerst Mühe gegeben haben, alles nach der Tanz-im-Blutbad-Szene im Vampir-Horrorstreifen ‘Blade’ aussehen zu lassen. Der Eventpalast Leipzig sorgt mit seiner riesigen Kuppel zudem für das richtige gotische Flair.  Glorreiche Taten sind von mir nicht mehr zu erwarten, ich kapituliere vor meiner Lebensmittelvergiftung. Am nächsten Tag verlasse ich aufgrund dessen Leipzig Richtung Heimat mit dem beschissenen Gefühl, vieles verpasst zu haben. Jedoch auch mit der Gewissheit: WGT, wir sehen uns nächstes Jahr! Und außerdem: Ich komme mit dem Zug und werde eine Woche vorher fasten.


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Florian Blumann
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Fundstück: Vampir-Special der 90er

  Die Neunziger waren eine – milde gesagt – sehr wilde Zeit für den Metal. Unheilige Fusionen aus Rap und metallischen Klängen, die Entstehung von unzähligen musikalischen Abspaltungen oder die schlimmsten den Menschen bekannten Outfits. Das alles gehört zu den Neunziger Jahren. Aber auch das wiederauferstandene Interesse an Vampiren. Zumindest sieht es danach aus, wenn man in die Januar-Ausgabe des METAL HAMMER im Jahr 1998 blickt. Der neue Vampirkult In der besagten Ausgabe widmete der damalige Chefredakteur Robert Müller nämlich ein ganzes Special den Blutsaugern. Oder, besser gesagt: Dem Pop-kulturellen Boom, den sie damals ausgelöst haben. Musikhistorisch gesehen sollte es…
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