Es gibt eben nicht immer nur schwarz und weiß. Genau wie die gesamte Welt ist auch das Metal-Universum bunt. Einmal mehr beweist das eine aktuelle Kampgane des Berliner Senats. In der ganzen Stadt hängen Plakate, die das Thema Intergeschlechtlichkeit ins Bewusstsein der Menschen rufen sollen. Human Abyss-Fronter Lynn ist eines der vier Gesichter dieser Kampagne. Und, ja, er bevorzugt das männliche Pronomen.
„Ich bin eindeutig inter.“
Das ist der große Schriftzug des Plakats, das für mehr Sichtbarkeit intergeschlechtlicher Personen sorgen und die Menschen für dieses Thema sensibilisieren soll. Nicht selten werden Eltern intersexueller Kinder zu unnötigen Hormonbehandlungen und gefährlichen Operationen gedrängt, um für geschlechtliche Eindeutigkeit zu sorgen. Auch Lynn ist mit männlichen und weiblichen Geschlechtsmerkmalen auf die Welt gekommen. So weisen seine Zellen sowohl XX-, als auch XY-Chromosome auf. „Ich habe einfach alles, und das ist sehr selten, selbst für intergeschlechtliche Menschen“, sagt der 40-Jährige gegenüber t-online.de.
Körperliche und mentale Schmerzen
Weiterhin erklärt er, dass die Ärzte „sehr aggressiv “ auf seine Intergeschlechtlichkeit reagiert haben – und das bereits direkt nach seiner Geburt: „Ich wurde erst mal meiner Mutter weggenommen und sofort in einen Brutkasten gesteckt, obwohl ich weder untergewichtig war noch ein Frühchen.“ Es folgten Jahre voller Torturen und „endlosen Schmerzen“, die ihre Spuren hinterlassen haben, wie Lynn angibt: „Mein Körper ist bis heute nachhaltig stark geschädigt.“ Sein Unterleib ist „unglaublich vernarbt“, was Sex zwar nicht unmöglich macht, jedoch auch nicht ohne Schmerzen vonstatten geht.
Auch ist es nicht verwunderlich, dass Lynns Psyche unter all diesen Erlebnissen gelitten hat. Verletzte er sich früher selbst, „um seinen Körper zu bestrafen“ und hatte mehr als einmal Selbstmordgedanken, hat er heute in der Musik ein Ventil gefunden. Eine Psycho- und Traumatherapie tat ihr Übriges: „Irgendwann gab es einen Tag, da wachte ich auf und es war Stille in meinem Kopf. Das fühlte sich gut an.“
Als still sind Human Abyss wahrlich nicht zu bezeichnen. Hier kann Lynn das Erlebte verarbeiten: „Death Metal ist für diese Art der Emotionen angemessen. Metal zu spielen, macht mich frei und lebendig.“ Das 2019 gegründete Quintett hat im vergangenen Jahr mit DEATH OBSESSED bereits Album Nummer zwei veröffentlicht. Mit ihrem Debüt ANATOMY OF ANXIETY landeten die Berliner im Oktober 2022 in unsere Demozone als „Helden von Morgen“.
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