Glückliches 21. Jahrhundert, wo Stile und Formen kombiniert werden, die sich früher niemand zusammen zu denken getraut hätte … Ich sag nur „Barbenheimer“, oder Deathgaze. Das US-Quartett Kardashev (benannt nach dem russischen Astronomen Nikolai Kardaschow, der eine Messlatte für die Entwicklungsstufen von Alien-Zivilisationen entwickelt hat) widmet sich seit 2012 diesem Spiel der gewagten Brüche. Der „Gaze“-Aspekt war bei ihrem muskulösen Deathcore in den letzten Jahren immer in Reichweite, doch auf ALUNEA steht nun der verspielt-experimentelle Prog im Zentrum. Schlagzeuger Sean Lang erklärt das als Versuch, Wut und Sorge auszudrücken; ich hingegen würde positiv Kardashevs Hang zur Utopie betonen. Es hat was tröstlich Optimistisches, wie die Musiker (großartig: Frontmann Mark Garrett mit seiner schwindelerregenden Palette von Todes-Growls, markigem Core-Geschrei und emotionalem Klargesang) durch brutalste Stürme und himmlisches Gewölk waten.
Im Track ‘Speak Silence’ unterstützt zum Ende hin Erin Dawson von Genital Shame, eine der interessantesten neuen Stimmen im US-Black Metal: Sie gibt den tobenden Gegenpol zum lüftelmalenden Garrett. Inhaltlich knüpft ALUNEA an die EP THE ALMANAC (2017) an und erzählt eine philosophisch-spacige Story, die sich am besten in den Linernotes aufdröseln lässt – zumal Kardashev für ihre Werke eine eigene Kunstsprache geschaffen haben. Prädikat: komplex, herzerwärmend, intelligent.
***
Du willst METAL HAMMER lesen, aber kein Abo abschließen? Kein Problem! Die aktuelle Ausgabe portofrei nach Hause bestellen: www.metal-hammer.de/heftbestellung
***
