Hundert Leute haben wir gefragt: Nennen Sie uns eine Metal-Band, die sträflich unterschätzt ist und vernachlässigt wird. Top-Antwort: Thy Catafalque. Das aktuelle Album NAIV (natürlich das genaue Gegenteil seines Titels) wird daran nichts ändern. Seit bereits zwanzig Jahren wandelt der ungarische Universitätsbibliothekar Tamás Kátai mit dem Black Metal im Herzen auf verworrenen Pfaden durch den Dschungel der Musik, wendet sich mal in Richtung Klassik, mal der Avantgarde zu, erliegt mal dem Folk, mal der wavigen Elektronik. Stets findet er auf seinen Exkursen durchs Dämmerland musikalischer Strömungen zum Metal zurück, lud zuletzt auf GEOMETRIA (2018) zu reichlich Sturm und Drang – wie immer größtenteils unbeachtet vom Rest der Welt.
🛒 NAIV bei AmazonWie töricht und nachgerade unverständlich das ist, unterstreicht er auch mit seinem neunten Werk NAIV. Metallischer, gar schwarzmetallischer als in den letzten Jahren ist es geworden – es rauscht, faucht und klirrt, umweht von klerikalem Damengesang, der an die frühen Ulver erinnert. Dann: markiges Brüllen, Loops, Klavier, Achtziger-Synthies. Man weiß nie, was als nächstes passiert, Thy Catafalque ist und bleibt die große Herausforderung der Metal-Welt. Doch weil Tamás Kátai Folklore, Jazz oder Electronica zwar reichlich einsetzt, aber nie die Seele eines Songs aus den Augen verliert, ist auch NAIV ein berauschendes Kunstwerk für sich. Es braucht Zeit, das ja. Aber es gibt so viel mehr.