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Brothers In Arms: Emotionaler Abschied

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Wir sitzen mit Sänger Andrew Boswell und Schlagzeuger Tim Bremer im Backstage-Bereich des Hamburger Clubs Headcrash. Hier spielten die New York-Hardcore-Fans Brothers In Arms zehn Jahre zuvor ihre erste Show und präsentierten dabei gleich ihr Debütalbum INVICTUS. Ein paar Jahre später war METAL HAMMER zur exklusiven Präsentation des Nachfolgers WARLORD ebenfalls im Headcrash zu Gast. 2019 erschien noch eine Band-betitelte EP, bald darauf war jedoch Schluss. Nicht nur die COVID-Pandemie lähmte die Brüder, sondern vor allem auch der Tod von Swell Creek-Labelchef und BIA-Mentor Bauke de Groot. „Corona hat uns ein bisschen den Wind aus den Segeln genommen. 2020 sollten wir eigentlich eine USA-Tour spielen, was immer ein Kindheitstraum von mir war.

Der Bassist von Lionheart wollte das organisieren. Es war alles abgekaspert und dann kam Corona. Ich habe nur gefressen und bin fett geworden. Tim hat eine Firma für den Import und Vertrieb von Palmen und anderen exotischen Pflanzen aufgebaut. Ausschlaggebend war auch, dass Bauke de Groot von unserem Label Swell Creek Records verstorben ist. Er war von Anfang an bei Brothers In Arms dabei. Als wir bei Eike Freese (der von Deep Purple über Alice Cooper bis Heaven Shall Burn schon die unterschiedlichsten Bands gemischt hat – Anm. d. A.) unser erstes Album aufgenommen haben, hat er uns von Bauke erzählt. Der kam vorbei, hat sich das angehört und war dabei. Er gehörte quasi von Tag 1 an zur Band und war mit mir zusammen immer Brothers In Arms. Ohne Bauke will ich das nicht weiterführen.

„Nur Probleme, nur Scheiße.“

Das war für mich letztendlich der Hauptgrund für den Abschied. Ich wüsste auch nicht, wo ich mit einem neuen Album hingehen sollte, mit dem Thema habe ich mich gar nicht auseinandergesetzt“, erzählt Andrew, wie schwer ihn der Verlust getroffen hat. Doch auch er selbst hat weiterhin mit seinen persönlichen Dämonen zu kämpfen. „Ich wollte die Band eigentlich vorher schon in den Sack hauen. Ich habe starke Depressionen, mit Suizidblödsinn und all der Scheiße. Deswegen habe ich vor Corona schon eine Europatour abgesagt, da ging es mir richtig schlecht. Da hatte ich keine Lust mehr auf gar nichts und war der Meinung, die Band sei mit Scheiße behaftet. Nur Probleme, nur Scheiße, nur Besetzungswechsel“, wird der Sänger sehr persönlich.

Schlagzeuger Tim pflichtet ihm bei und erzählt, wie es immerhin noch zu diesem Abschiedsabend kommen konnte: „Wir ticken da relativ gleich. Wir wollten mit der Band was erreichen, aber es ist schwierig, Leute zu finden, die langfristig mitziehen. Unsere letzte EP war auch anders als das, was Brothers In Arms früher war. Nach all den Besetzungswechseln würde sich das stilistisch zu stark verändern, da sehe ich Brothers In Arms nicht. Das wäre nicht authentisch. Ich habe die Band aus der Scheiße geholt, um zumindest diese Abschiedsshow zu spielen. Es war die erste Band, mit der ich mich komplett identifiziert habe, auch vom Stil und von den Aussagen her. Das tut weh, aber es ist eben so, und der richtige Schritt.“ Doch wenn man den beiden zuhört, wird schnell klar, dass die Türe zwar heute Abend geschlossen wird, aber vielleicht nicht für immer.

Schwermut und Windmühle

Immerhin hat sich Andrew, der wie eine Mischung aus Starlord und Drax von den Guardians Of The Galaxy wirkt, einen gewissen Galgenhumor bewahrt: „Deutsche sprechen das ‘th’ in Brothers In Arms immer als ‘z’ oder ‘Doppel-S’ aus – das ist auch ein Grund, die Band aufzulösen. Aber ich habe mir zu Hause ein Studio eingerichtet, um eventuell später wieder Musik machen zu können. Wo das hinführt? Keine Ahnung.“ Heute Abend führt der Weg jedoch zum letzten Mal auf die Bühne, und Andrew, Tim und die Kollegen lassen ein letztes Mal den Bollo-Köter von der Leine – metallischer Hardcore New Yorker Prägung mit dicken Riffs, treibenden Beats und wütenden bis emotionalen Shouts.

Andrew, der mit den oben genannten Problemen offen umgeht, ermuntert Leute in der gleichen Lage, keine Scheu zu haben, sich Hilfe zu suchen, und bedankt sich weiterhin für die jahrelange Unterstützung durch die Fans. Das Publikum ist ebenfalls hingerissen, auf der einen Seite liegt der Schwermut des Abschieds in der Luft, auf der anderen Seite pflügt die Windmühle durch den Pit. Und selbst Ex-METAL HAMMER-Kollege Anzo verschwindet schnell von einer Weihnachtsfeier, um ein letztes Mal Hits wie ‘Life Sick’ oder ‘Never Surrender’ zu feiern. Danke für die Musik, Brothers, wir sehen uns sicher irgendwann wieder!


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(c) Matthias Nee
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