Nein, Callejon machen es einem mit ihrem siebten Studioalbum wirklich nicht leicht – denn nach dem wutschnaubenden Abriss WIR SIND ANGST von 2015 fahren die Mannen um Frontmann BastiBasti die Aggression deutlich zurück. Stattdessen wählen sie den düster-poppigen Einstieg ‘Der Riss in uns’, der auf verzerrte Gitarren verzichtet, allerdings den Ton von FANDIGO präzise definiert – melodramatisch, depressiv, melancholisch.
Zudem werden, stärker als zuvor, Elektronikelemente, Beats und Stimmeffekte in den Vordergrund gerückt (‘Utopia’), woran man sich erst mal gewöhnen muss. Spätestens beim zweiten Durchlauf wird allerdings deutlich, welche lyrische und songwriterische Qualität bei Callejon nach wie vor regiert. Egal, ob ‘Monroe’, die Wolke-4-Anspielung ‘Hölle Stufe 4’, die von verzerrter Elektronik dominiert wird, das melancholische ‘Noch einmal’, das die verlorene Jugend betrauert sowie die Selbstzerstörungsballade ‘Mit Vollgas vor die Wand’ – hier stimmt fast alles.
Insgesamt fehlt es aber an Abwechslung – so gibt es keinen zerstörerischen Hochgeschwindigkeits-Killer à la ‘Krankheit Mensch’, und auch auf Shouts wird weitestgehend verzichtet. Stattdessen bauen Callejon die melodische Seite im Stil von ‘Unter Tage’ oder ‘Polar’ weiter aus, kann diese unfassbaren Hits der Vorgänger allerdings nicht zu hundert Prozent reproduzieren. Dafür wildern die Gitarren ein ums andere Mal in Rammstein-Territorien (‘Nautilus’), und der Gesang von BastiBasti erreicht eine neue Qualitätsstufe. Trotz oder vielleicht wegen seiner Pop-Ausrichtung dürfte FANDIGO das schwierigste Callejon-Album seit VIDEODROM sein. Stark ist es allerdings trotzdem.