Als ‘Texas Chainsaw Massacre’ vier Jahre nach der US-Ausstrahlung 1978 in deutschen Kinosälen lief, ahnte noch niemand, dass dies vorerst die letzte Gelegenheit sein sollte, den Film hierzulande ungekürzt sehen. Denn ‘Blutgericht in Texas’, so der deutsche Titel, wurde bis zum Jahr 2011 wegen „Gewaltverherrlichung“ indiziert. Inzwischen ist der Film Kult, führt viele Kritikerlisten an und es gibt fast so viele Fortsetzungen wie Fans.
Influencer-Lifestlye vs. Dorfleben
Fast 50 Jahre nach dem ersten Film erschien auf Netflix nun eine Fortsetzung, die alle Filme bis auf das Urwerk von 1974 ignoriert. Vier Teenager machen sich auf in das verlassene Nest Harlow. Jenes ist seit den Ereignissen von damals traumatisiert, die Bewohner sind sich über die Taten von Leatherface bewusst. Die vier Jungendlichen aus der Großstadt wollen nun wieder etwas mehr Glanz in die Stadt bringen: Sie haben sich durch Internet-Videos ein hübsche Summe verdient und planen, dem Ort ihren Drang der Selbstverwirklichung in Form von Galerien und Restaurants aufzudrücken. Doch die neuen Besucher haben die Rechnung ohne den lokalen Psychopaten gemacht. Dieser bekommt dank der eintrudelnden Investoren auch genügend Material zu verarbeiten.
Das klingt alles schon etwas drüber, und anfangs verwirrt der Antrieb der Teeanger etwas. Dahinter steckt viel Kritik an der heutigen Gesellschaft, vor allem zur Gentrifizierung hat ‘Texas Chainsaw Massacre’ einiges zu sagen. Der Film baut kleine Kapitalismus-Seitenhiebe ein, denn vor Ort gibt es allerlei Merchandise zum Unglück zu erwerben. Zudem kommen noch aktuelle Themen wie Waffenbesitz in Amerika und den damit einhergehenden Katastrophen wie Schul-Amokläufe sowie jeder Menge Social Media-Kritik. Stellenweise zünden die Gags, etwa wenn Leatherface einen filmenden Tik Tok-Künstler mit der Kettensäge bearbeitet und dieser ihn vorher noch mit „Du bist so ein Fake!“ betitelt.
Ein Gore-Fest für die Fans
Der Film setzt dabei auf viele blutige Mordszenen sowie zahlreiche Todesopfer. Fans von Leatherface bekommen viele Momente, in denen sich die ikonische Horror-Figur austoben darf. Als kleines Highlight für die Anhängerschaft gibt es einen Gastauftritt von der Urbesetzung von 1974. Dem Klassiker kann der Ableger 2022 jedoch in puncto Terror nicht das Wasser reichen. Die Protagonisten von damals wirkten noch hilfloser, auch weil sie die heutigen Errungenschaft wie Smartphones oder vollautomatische Gewehre noch nicht besaßen.
‘Texas Chainsaw Massacre’ 2022 ist erstaunlich brutal für eine Netflix-Produktion und sollte jeden Fan zufrieden stellen. Leider schafft er es nicht, dasselbe Unbehagen wie das Urwerk auszulösen. Vielleicht auch, weil Leatherface nur außerhalb seiner Ranch wütet. Doch das könnte sich ändern: Wer nach dem Abspann noch eingeschaltet lässt, kann ein bekanntes Szenario einer möglichen Fortsetzung sehen.