Es ist gar bizarr und seltsam, ein Fossil nach einer berühmten Persönlichkeit zu benennen. Oder vielleicht doch nicht? Was es damit auf sich hat und warum es alles andere als seltsam ist, ist in der Sonderausstellung „Rock Fossils“ zu sehen. Im Senckenberg Museum in Frankfurt treffen Naturkunde und Rockmusik aufeinander. Dort kann man noch bis zum 4. September realistische Modelle von Fossilien betrachten, die alle Namen von berühmten Musikern tragen. Unter anderem auch der neueste Fund, mit dem die Frankfurter Band Tankard ausgezeichnet wurde.
14 Stationen laden zum Bestaunen der „Rock Fossils“ ein. An Hörstationen gibt es Musik der Künstler auf die Ohren sowie die Modelle der einst lebenden Tiere zu sehen. Auch für die Kinder ist gesorgt: auf Bobby-Cars, in Form von Trilobiten, können die Kleinen rund um die Mammuts im Saal der Wale und Elefanten kurven.
Neues Publikum im Museum
1971 hatte ein Wissenschaftler zum ersten Mal neu entdeckte Arten nach Rock-Stars benannt. Damals begann es mit Frank Zappa und Mick Jagger – beiden ist die Ehre vier Mal zuteilgeworden. Bis heute sind es 100 Familiengattungen von Fossilien, die nach Bands, Songs oder Mitgliedern benannt worden sind. Es ist also gar nicht mehr so skurril.
Zum ersten Mal fand die Ausstellung „Rock Fossils“ 2013 im dänischen Geomuseum Faxe statt. Damals wurde King Diamond höchstpersönlich eingeladen, um das Fossil-Modell „Kingnites diamondi“ überreicht zu bekommen. Entgegen den damaligen Erwartungen stand der Parkplatz randvoll mit Motorrädern und Metalheads – und das alles nur, um Fossilien zu sehen. Um weitere Zielgruppen anzusprechen, beschloss man, dass weiterhin Wissenschaft und Musik miteinander kombiniert werden können. Dabei geht es hier schließlich nicht nur um versteinerte Überreste von ausgestorbenen Lebewesen. Der Blick zurück in die Vergangenheit ergibt neue Erkenntnisse für unsere Gegenwart und Zukunft.
Tankard werden mit einem Fossil ausgezeichnet
In diesem Jahr wird das Fossil „Ophiura tankardi“ der Frankfurter Thrash Metal-Band Tankard gewidmet. Dabei handelt es sich um einen ausgestorbenen Schlangenstern, der eng verwandt mit dem Seestern ist. Durch eine geothermische Spülbohrung auf dem Marktplatz in Nierstein fand man diese neue Art. Um das ganze zeitlich einordnen zu können: vor 30 Millionen Jahren lag Nierstein im tieferen Teil eines flachen Meeres, dem Mainzer Becken. Dr. Ben Thuy und Dr. Lea Numberger-Thuy vom Naturhistorischen Museum Luxemburg sowie der Fossiliensammler Kai Nungesser beschrieben die Art gemeinsam und beschlossen, das Fossil nach Tankard zu benennen.
Sänger Andreas „Gerre“ Geremia empfand es anfangs als verfrühten Aprilscherz. Schnell ließ sich die Band vom Gegenteil überzeugen. Die Freude sei riesengroß – außerdem seien sie mit ihrem 40-jährigen Band-Bestehen sowieso schon Fossilien, sagt Gerre lachend. Feierlich erhielt die Band am Abend vor der offiziellen Eröffnung ihre Fossilien-Modell-Auszeichnung: ein im Bierkrug schwimmender Schlangenstern. Damit ist nun nicht nur der neue Schlangenstern in der Wissenschaft aufgenommen, auch der Name von Tankard geht in die wissenschaftliche Geschichte ein und ist damit verewigt. (Fotos: Tine Bossenmaier)