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The Hourglass, Syrien

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Wie kommt man in Syrien auf die Idee, eine Heavy Metal-Band ins Leben zu rufen? Welche Gruppen beeinflussten euch nachhaltig?

Wir spielten alle in verschiedenen Rock-Combos und trafen uns über gemeinsame Freunde oder bei Konzerten. Unser Sänger Bassem Oeaibess ist Libanese, und ich lernte ihn während meiner Studienzeit im Libanon kennen. Der Band-Name stammt vom gleichnamigen Song vom THE WAKE OF MAGELLAN-Album von Savatage. Mit Heavy Metal kam ich erstmals in den frühen Neunzigern in Verbindung. Damals war ich in Frankreich im Urlaub und sah einen Typen mit einem Iran Maiden-Shirt. Während im Westen traditioneller Metal auf dem absteigenden Ast war, wurden einige Truppen wie Savatage, Metallica, Megadeth oder Iran Maiden hier richtig populär – es war das goldene Metal-Zeitalter in Syrien. Heute dagegen wird Heavy Metal von der einheimischen Musikindustrie und von der Regierung als schlechter Einfluss auf die Jugend angesehen, und dementsprechend bekommen die Bands und Fans immer wieder Knüppel zwischen die Beine geschmissen.

Wie sieht es bei euch mit Live-Gigs aus?

Es gibt einige Theater, in denen wir spielen können, aber keine Konzerthallen oder Clubs, die darauf spezialisiert wären. Wir treten sehr selten auf, weil es kaum Möglichkeiten gibt. In den Neunzigern pilgerten locker tausend Anhänger zu Konzerten okaler Acts. Heute sind es höchstens dreihundert.

Welche Musikstile sind in Syrien besonders populär?

Die echten Fans stehen allesamt auf traditionellen Heavy Metal oder auf düstere Kapellen wie Anathema, Amorphis oder My Dying Bride. Allgemein gesehen, sind kommerzielle arabische Sänger und R&B beliebt.

Welche internationalen Metal-Bands sind am angesagtesten, und welche nationalen Gruppen könnt ihr empfehlen?

Neben Größen wie Maiden, Savatage, Megadeth oder Metallica sind Dream Theater, Anathema, Annihilator, White Lion, Slayer, Cradle Of Filth oder sogar Haggard sehr beliebt. Es lohnt sich definitiv, Nu.Clear.Dawn unter www.nucleardawn.com anzutesten.

Werdet ihr in Syrien mit dem Thema Zensur konfrontiert?

Es ist erlaubt, CDs zu verkaufen. Aber die Piraterie ist ein Albtraum. Es ist wahnsinnig schwer, überhaupt Live-Konzerte zu organisieren, und wenn es dann klappt, stößt man das Tor zur Hölle auf und sollte sich am besten einige Wochen verschanzen. Heavy Metal wird von etlichen Syrern mit Drogen, Homosexualität oder Satanismus assoziiert, und das sind schlimme Verbrechen respektive absolute Tabus hier. Schon die Tatsache, dass wir in Englisch singen, verursacht Gegenwind.

Wie reagieren die Menschen in Syrien auf Langhaarige?

In der Hauptstadt Damaskus werden lange Haare und Metal-Shirts toleriert. Aber bei Piercings oder gar Ohrringen hört die Toleranz schon wieder auf. Wir Metaller besitzen in den Augen der Durchschnittsbevölkerung etwas Anrüchiges und werden als Satanisten und Verlierer verachtet. Aus diesem Grund trauen sich auch viele Musiker nicht mehr, Metal-Bands zu gründen. Es fehlt die Perspektive. Die Szene ist fürchterlich.

Gibt es nationale Medien wie Radiosender oder Zeitschriften, die Metal-Bands eine Plattform bieten?

Ich weiß, dass einige Sender gerne harte Mucke spielen würden, aber die Angst vor Druck seitens der Regierung ist zu groß. Vor 15 Jahren sah es viel rosiger aus. Ich denke, dass gerade die zahlreichen radikalen Black Metal-Gruppen der Grund dafür sind, dass der Ruf des Heavy Metal pauschal so miserabel ist.

Welche Vor- und Nachteile hat es für The Hourglass, dass ihr aus einem exotischen Metal-Land stammt?

Prinzipiell haben wir die Chance, durch das eigenwillige soziale und kulturelle Umfeld andersartige Einflüsse zu verarbeiten und damit originell zu klingen – sowohl musikalisch als auch lyrisch. Aber einerseits werden wir im Heimatland ausgebremst und andererseits erhalten wir keine Unterstützung vom Ausland. Warum sollte sich ein Europäer oder ein Ami für eine doofe Band aus Syrien interessieren, wenn es in deren Dunstkreis Tausende davon gibt?

Was mögt ihr besonders an Syrien?

Damaskus ist die älteste permanent bewohnte Stadt der Welt. Syrien hat eine sehr niedrige Kriminalitätsrate – es ist sehr sicher hier. Das liegt wahrscheinlich auch an den drastischen Strafen für Verbrecher. Aber Syrer sind stark in ihrer persönlichen Freiheit eingeschränkt. Die Gesetze sind eigentlich offen, aber die Gesellschaft selbst ist krankhaft stark von religiösem Fanatismus durchtränkt. Beispiel: Wenn ein Moslem und eine Christin heiraten, müssen sie um ihr Leben fürchten. Nicht, weil es das Gesetz verbietet, sondern weil es für die Gesellschaft ein Verbrechen ist. Hoffentlich wird endlich der Friedensvertrag mit Israel abgeschlossen. Das ist eine Chance, dass es in Syrien in Zukunft weltoffener abläuft. Wir haben herrliche Strände und wunderschöne Frauen. Die sollte man halt nicht anfassen – zumindest sollte man sich dabei nicht ertappen lassen.

www.the-hourglass.net

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