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Maik Weicherts Kolumne: Mündige Athleten und geborene Führer

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Heaven Shall Burn Maik Weichert
Heaven Shall Burn 19.03.2010 Session
Weimar – , Germany

Als ich damals in der Schule im Latein-Geschichtsunterricht öfter mal Olympiade statt Olympische Spiele gesagt habe, habe ich immer nen kräftigen Rüffel (zu recht!) von meinem hochverehrten Lehrer Herrn Opfer bekommen. Eine Olympiade ist ja der Zeitraum zwischen den Spielen ist und nicht die Spiele selbst – naja soweit schon mal mein Klugscheißbeitrag für diesen Monat.

Es ist also wieder mal soweit: die Olympischen Spiele stehen vor der Tür und alle drehen irgendwie durch. Die Einen stellen schon die offiziellen Sponsorengetränke kalt, die Anderen stürmen Samstags einen Elektrogroßmarkt nach dem anderen auf der ewigen Suche nach dem 350cm Plasmafernseher für 199,- Euro. Wieder ganz Andere (die offensichtlich keine Exil-Tibeter sind) haben bunte Bänder auf’m Kopf und ziehen zur chinesischen Botschaft um Gutmensch zu sein.

Eines will ich gleich klarstellen, damit mich im Folgenden hier niemand falsch versteht: Über die Menschenrechtssituation in China und in den von China beanspruchten Regionen‚ wie Taiwan oder Tibet, brauchen wir uns nicht zu unterhalten. Die Bilanz ist niederschmetternd und da gibt es auch nichts zu diskutieren. Völlig klar.

Trotzdem regen mich die Schwarz-weiß-Malerei vieler Medien und vor allem das Gelabere von vielen Halbtag-Esotherik-Hippies auf. Da wird sogar ein Statement aus dem Bundeskanzleramt wie „die Bundeskanzlerin hatte niemals vor, zu den Olympischen Spielen zu reisen“ zum Politikum und ist eine Headline wert. Jawohl, die Kanzlerin boykottiert die Olympischen Spiele! Richtig so!!!

Für alle die das freut – ich hab’s noch ne Nummer härter: Laut neuester Informationen wird die Kanzlerin auch nicht bei der Carcass-Reunion in Wacken dabei sein – eigentlich frevelhaft und nach den positiven Ansätzen beim Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche ein herber Rückschlag für Deutsch-Britische Beziehungen.

Einer meiner Lieblinge in dieser medialen Frühlingsnudelsuppe ist der Dalai Lama, der lächelnde Gott.

Natürlich ein absolut beeindruckender und charismatischer Mann, keine Frage. Aber genauer betrachtet keinen Deut besser als unser deutscher Papst – nur noch um einiges bedeutungsloser, wenn man die Größe seiner Gefolgschaft betrachtet. Dem lächelnden Gott geht es auch nur um Machtpolitik – und das lässt sich auch nicht hinter einem Lächeln oder halbherzigen Friedensappellen verstecken. Auch die lieben Mönche und anderen religiösen Führer in Tibet (wie viele der von mir angesprochenen Esotherik-Hippies wissen eigentlich, wer der richtige Panchen Lama ist!?) arbeiten mit Manipulation und Medianpropaganda. Wer etwas anderes glaubt, kann einem Leid tun. Schon allein der Gedanke, dass jemand von Geburt an auserwählt und religiös besonderes sein soll, sollte jedem aufgeklärten und humanistisch eingestellten Menschen einen Würgereflex verursachen.

Es scheint mir fast so, als ob es hier, in unserer schönen westlichen Welt, wirklich so etwas wie eine Wiedergeburt der verklärten Zeiten der Romantik gibt, die sich aber nun zu asiatischen Religionen hinwendet und sich dort in einem Nebel aus Patchwork-Religionen und Esoterik-Kommerz ihre Bedeutungsbotschaften sucht. Da kann man schon mal mit seiner Outdoor-Vollbekleidung (Made in China), die vom letzten Studiosus Buthan-Tibet-Nepal Rundtrip noch gut sitzt, zur chinesischen Botschaft wandern und Räucherstäbchen anzünden. Derweil freut sich der Dalai Lama in seinem Exil und plant schon die nächste große Fressorgie mit den Mächtigen dieser Welt, die die besten Handelspartner Chinas sind.

Es ist wirklich lächerlich, dass überhaupt über so etwas wie einen Boykott der Olympischen Spiele diskutiert wird. Wer soll es sich denn bitte leisten können, die millionenschweren Medienrechte- und Sponsorendeals rück-abzuwickeln?!

In den seeligen Jahren des kalten Krieges, als noch Staaten Sportpolitik bestimmten und nicht irgendwelche multinationalen Unternehmen, konnte man noch nach Herzenslust boykottieren, aber heute… Da wäre es wahrscheinlicher, dass Nike einige Athleten zurückzieht, weil Coca Cola vom Organisations-Kommitee bei der Vergabe des Werbeaufdruckes auf dem offiziellen Beijing-2008-Klopapier bevorzugt wurde.

Die Tibet-Frage ist für die politischen Führer dieser Welt doch nur ein Feigenblatt, ein kleiner Nebenschauplatz, auf dem man die gefürchteten Chinesen mit einigen absichtlichen und halbgaren diplomatischen Protokollverstößen etwas ärgern kann – weil man es sich sonst nicht leisten kann, aufzumucken.

Wegen Tibet wird in der westlichen Welt nicht ein Cent weniger im Geschäft mit China verdient. Und mal ehrlich: Etwas anderes glauben doch die Leute vor der chinesischen Botschaft mit ihren Räucherstäbchen auch nicht. Und auch für normale Menschen wie dich und mich ist das Statement „Free Tibet“ zur Marke verkommen – vom Kaliber eines kraftlosen „Atomkraft nein Danke“ Statements. Mit der politischen Willens- und Durchschlagskraft eines „Red Nose Days“ vergleichbar.

Aber zurück zu den Spielen. Die Olympischen Spiele sind eine Geldmaschine und Geldmaschinen fressen nun mal Menschen, egal ob direkt oder indirekt.

Welche Menschen gefressen werden?

Die armen Schweine in Tibet, für die kein effektiver politischer Druck mehr ausgeübt wird. Aber genauso auch viele Athleten, die auf der Jagd nach Ruhm, Sponsoren-Deals und Rekorden einfach nur noch Mutanten und genmanipulierte Gladiatoren sind und Ihre Gesundheit gegen zehn Jahre Spitzensport eintauschen.

Neuerdings wird auch der mündige Athlet propagiert und für alle, die noch einer solch verklärten Illusion nachhängen, hier ein Auszug aus der olympischen Charta, die treffend selbst-charakterisiert, was die Spiele sein wollen:

„No kind of demonstration or political, religious or racial propaganda is permitted in any Olympic sites, venues or other areas.“ (Olympic Charter, Chapter 5, Rule 51 Nr. 3)
 

Axel Jusseit Krefeld Germany
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