Exklusive Judas Priest Vinyl mit dem Metal Hammer 03/24

Neurotic Deathfest: Samstag, 01.05.2010

von
teilen
twittern
mailen
teilen

Der erste schwarze Kater wird nach einem Festival-Frühstück (Kippe und Cola) mit Jeff Hannemanns Lieblingsplörre weggespült. Noch ein Dommelsch nachgeworfen und rein in die Brutal-Polonäse.

Den Anfang macht Patrick Beil von der Band Putrid Pile. Ach nee, der heißt ja Shaun, das Schaf – oder war das doch anders. Egal. Fest steht, dass Bands wie Putrid Pile und Insidious Decrepancy zwar einen gewissen Kult um sich aufbauen konnten, das Prinzip der Ein-Mann-Armee auf der Bühne doch mittlerweile recht schnell abgenutzt ist.

Origin zeigen dagegen auf der Main Stage, dass sie nicht von diesem Planeten kommen. Während den anwesenden Musikern die Kinnladen reihenweise runterklappen, ergötzt sich der Laie einfach an dieser außerirdischen Demonstration todesmetallischer Tonkunst. Danach wirkt alles andere irgendwie billig.

Dying Fetus wirken heute, am letzten Tag ihrer Tour, sichtlich müde und geschlaucht. Richtig schlecht kann man ja mit Songs wie ‚Homicidal Retribution‘ nicht sein, aber Onkel Gallagher und seine Jungs kommen heute nicht richtig aus dem Quark. Dazu nervt ein permanentes Bass-Brummen. Schade.

Beneath The Massacre mischen tollkühn brutales Gegniedel mit fettem Breakdown, während Immolation mit der Macht der Routine punkten. Auf Scheibe oft zu undifferenziert, sind Monstermähne Ross Dolan und seine Jungs live immer noch eine Macht.

Macht, mächtiger, Tompa Lindberg. Die Jahrhundertstimme (At The Gates anyone?) feiert mit seiner All Star-Grindtruppe Lock Up eine Hommage an den Crust und Grind dieser Welt. Maximaler Bühneneinsatz – doch die angedachte Vehemenz kommt aufgrund des schwachbrüstigen Sounds kaum im Hauptsaal an.

Im 666 mal kleineren Batcave ist die Stimmung jedoch mindestens genau so gut, denn Cerebral Bore packen einen gepflegten Bree mit Gastsänger Shaun von Putrid Pile aus, während Kickback nicht nur nach 75 Jahren Jugendknast aussehen, sondern auch ihrem Image als räudige Unsympathen vollauf gerecht werden. Sauber.

Da sind Abysmal Torment aus ganz anderem Gore geschnitzt und liefern das erste Highlight des Festivals: brutaler Slam Death aus Malta kann alles. Diesmal spielt sogar der Drummer die gleichen Songs wie der Rest der Band. Fett as fett can!

Patrick Mameli und seine Pestilence-Jungs genießen ihr Heimspiel, liefern aber eher eine Show für Genießer ab. Statisches Stage-Acting, aber gute Songs. Ein etwas zwiespältiger Eindruck, wenn die Feierlaune schon verdächtig gestiegen ist und bei den neu aufgestellten Defeated Sanity natürlich nicht abflacht. Die mittlerweile als Quartett agierenden Brutal Death-Vorzeige-Schlächter liefern Slams und Gewalteruptionen par excellence ab, wenngleich Neu-Sänger AJ Magana latent unsympathisch wirkt. Egal: Der Groove zwingt einen zur Huldigung des deutschen Vierers. Ein Stockwerk höher im Batcave wirken Insision aus Schweden heute etwas bieder, das Publikum will jetzt nur noch Slams.

Die gibt es auch später wieder zuhauf und in aller Fett-ness. Zunächst gilt es aber wieder „Alter Helden-Verehrung“ zu frönen. Die mächtigen Carcass machen analog zu Bolt Thrower am Vortag den großen Tages-Headliner. Alle Hits sind am Start und der Sound geht auch zufriedenstellend rein. Lediglich Bill Steer verwirrt: Die meiste Zeit des Sets steht der Gitarren-Maniac mit dem Rücken zum Publikum und schaut auf die Verstärkerwand. Nichtsdestotrotz sind die großen Evergreens der englisch-schwedischen Allianz gerade um diese Uhrzeit aufgrund ihres Hit-Faktors natürlich beste Mitmach-Mucke. Darauf ein Dommelsch.

Doch das „Neuro“ wäre eben nicht das Neuro, wenn der Zapfenstreich nicht nochmals explosiv und einmalig ausfallen würde: Mit den Italienern Septycal Gorge folgt in der kleinen Batcave das absolute Highlight des gesamten Festivals. Brutalster Slam von ERASE THE SIGNIFICANT, die Stimmung im Publikum steigt auf den Siedepunkt. Statt Szenenapplaus gibt es kollektiv-spontanes „Handbewegungmachen“ und am Ende surft Sänger Mariano über die Hände der ausgerasteten Meute vor der Bühne. Bombastisch! Den Schlussgesang auf das Neurotic Deathfest 2010 singen dann Human Mincer – aber nach dem septischen Schorsch ist man eh hin und weg. Tilburg, we houden van je!

Das einzige, was die Stimmung im Nachhinein etwas trübt, ist der Bierpreis von 2,25 Euro für ein 0,25 Liter Bier. Bei zwei Tagen Verhülsung kommt da einiges zusammen. Ansonsten darf das Neurotic Deathfest als das beste europäische extreme Indoor-Death Metal-Festival gehandelt werden. Bis zum nächsten Jahr muss man als Brutal Death-Afficinado aber nicht darben. Vom 10. bis 12. Juni findet schließlich das vom METAL HAMMER präsentierte Deathfeast Open Air statt. Man sieht sich vor Ort am METAL HAMMER-Stand!

Bilder der Bands findet ihr oben in der Galerie.

Thomas „Verräumungskläger“ Strater
Anzo „Schwanzvollstrecker“ Sadoni

Tops & Flops
Thomas Strater:

TOP:
Septycal Gorge und Abysmal Torment sind das Show-Highlight 2010. Straßenrestaurants stimmen ihre Speisekarte ab, z.B. „Chili Con Carcass“ oder „Man Must Diet“. Verlötung, Verräumung, Schwanzvollstreckung

FLOP:
Die „großen“ Bands wirken mitunter etwas müde, Bier zu teuer

Anzo Sadoni
TOP:
Death Metal non stop, geile Stimmung, geile Konzerte, Death Metal-Huldigung galore

FLOP:
Bierpreise zu hoch, Merch-Auswahl hätte noch vielfältiger sein dürfen, und der Saal der Second Stage war zu klein, so dass schnell der einzige Eingang verstopft war und man das Konzert lediglich im „Hallway Of Doom“ verfolgen konnte.

Weitere aktuelle Festival-Berichte:
+ Roadburn Festival 2010: Bildergalerie online
+ Festival-Bericht: Doom Shall Rise 2010
+ Bildergalerie vom Inferno Festival 2010

teilen
twittern
mailen
teilen
Das Metal-Jahr 1994: Die Lawine rollt

Die kompletten 94 Reviews der wichtigsten Alben des Metal-Jahres 1994 findet ihr in der METAL HAMMER-Aprilausgabe 2024, erhältlich am Kiosk oder indem ihr das Heft bequem nach Hause bestellt. Noch einfacher und günstiger geht’s im Abo! Amorphis TALES FROM THE THOUSAND LAKES Obgleich Amorphis 1994 erst ihre zweite Studioplatte auf den Markt bringen (und noch ziemlich grün hinter den Ohren sind), zeugt TALES FROM THE THOUSAND LAKES davon, wie weit die Finnen damals bereits gedanklich sind – gilt es doch bis heute als ihr Referenzwerk und eine der wichtigsten Veröffentlichung des Genres. Das Quintett um Hauptkomponist Esa Holopainen stützt sich lyrisch…
Weiterlesen
Zur Startseite