NO HAY BANDA (2005), LE FOL (2007), AUDREY HORNE (2010) und schließlich YOUNGBLOOD (2013). Was waren das für Alben – strotzend vor Biss und gefälligen Melodien, mit cleveren Arrangements, gleichermaßen kraftprotzend und dennoch irrwitzig leichtfüßig. Warum dieser Blick in die weitere Vergangenheit? Weil mit PURE HEAVY (2014) absolute Ernüchterung eintrat. Was vorher glänzte, staubte nun in den Ohren. Es schien, als würden die Norweger daran Gefallen finden, sich an ihrer Selbst zu ergötzen anstatt weiter über den Tellerrand zu blicken.
Jene Scheibe war eine einzige Enttäuschung und ließ nicht allzu optimistisch auf BLACKOUT blicken. Umso schöner ist es, Audrey Horne wieder zu alter Form auflaufen zu sehen. Von Altherren-Rock keine Spur mehr, es hagelt modern in Szene gesetzte Adrenalinschübe. Klar kann man bemängeln, dass Audrey Horne im Grunde nichts anderes machen als bekanntes Songwriting in neue Gefäße zu füllen – aber wie viele Bands praktizieren dies auf solch einem druckvollen Niveau, wie es BLACKOUT zu bieten hat?
Schon im Opener ‘This Is War’ (ebenso wie bei ‘Naysayer’) werden die Maiden-Kuttenträger (wir reden von den ersten zwei Alben) die Teufelshörner zücken, bevor ‘Audrevolution’ Erinnerungen an beste Billy Talent-Zeiten weckt und der Titel-Song mit seinen wunderschön käsigen Keyboards alle The Night Flight Orchestra-Fans in den Bann zieht. Das Teil sollte in allen Achtziger-Playlists jeder Streaming-Plattform vertreten sein. ‘This One’ zaubert mit ZZ Top, Ghost und dem unvermeidlichen Einfluss von Phil Lynott, während ‘Midnight Man’ dem einst gefeierten Schweinerock den Teppich ausrollt und ‘Light Your Way’ geschickt Priest-Riffing mit Achtziger-Hard Rock kreuzt (und somit an sehr frühe Europe erinnert).
‘California’ spendet einen melancholischen Rock-Moment (mit superber Dynamik), der Erinnerungen an die (leider längst aufgelösten) Landsleute The Ricochets weckt. ‘Satellite’ stampft in bester ‘Another One Bites The Dust’-Manier los und greift in dasselbe antiquarische Tonregal wie bereits erwähnte The Night Flight Orchestra. Das abschließende ‘Rose Alley’ repräsentiert einen nochmaligen tiefen Knicks vor Thin Lizzy (respektive Bob Seger). Klingt alles irgendwie altbacken? Nicht mal im Ansatz!
Genau so – leidenschaftlich, kunstvoll, schmissig – muss man die Klassiker der Geschichte feiern um sicherzustellen, dass Rock’n’Roll auch über den Jahreswechsel 2017/2018 hinaus eine bedeutende Rolle spielt. Diese Songs hätten auf den letzten Drücker fast noch den Sprung in meine Jahres-Top Ten geschafft. Mag sein, dass ich mich in ein paar Wochen darüber ärgere, dies BLACKOUT versagt zu haben, denn diese Scheibe ist ebenso spielerisch leicht wie kompositorisch prachtvoll!