
Und sie können es doch noch! Klar, das 2012 veröffentlichte SICH FÜGEN HEISST LÜGEN war so gesehen nicht wirklich schlecht, jedoch aufgrund seiner Ausrichtung (vertonte Gedichte von Erich Mühsam) irgendwie kein „richtiges“ Slime-Album. Auf HIER UND JETZT präsentieren sich die Hamburger nun wieder in absoluter Bestform – auch, weil sie sich musikalisch so flexibel wie noch nie zeigen, was die hin und wieder plakativ wirkenden, aber immer klar formulierten Texte noch intensiver wirken lässt.
Der Reggae-Groove von ‘Ich kann die Elbe nicht mehr sehen’ oder die gelungene Hip-Hop-Einlage der Irie Révoltés-Rapper in ‘Patrioten’ geht der Band ebenso locker von der Hand wie der lässig rockende Titel-Song mit Akustikklampfe (‘Tage wie diese’ sollen andere machen) oder der Social-Distortion-trifft-Iggy-Pop-Vibe von ‘Ernie und Bert in Guantanamo’. Doch auch an Band-typischen Brechern wie ‘Banalität des Bösen’ (mit Rod von Die Ärzte) oder dem entfernt an Motörhead erinnernden ‘Die Stummen’ mangelt es nicht – die richtige Mischung macht’s eben.
Dazu kommt aber noch ein nahezu unglaubliches, weil sich durch beinahe alle Songs ziehendes Händchen für wirklich mitreißende Hooks. Allein für ‘Schöne neue Welt’ würde man Sänger Dicken und Gitarrist Elf am liebsten knutschen. HIER UND JETZT ist ein sensationell gutes Alterswerk, dass knapp 99 Prozent der aktuellen deutschen Punk-Bands – Eisenpimmel ausgenommen – in den Staub schickt.