Schon witzig: Da kommt jahrelang kein Nachfolger von ‘Dead Space’, und dann innerhalb von zwei Monaten direkt zwei Titel ähnlicher Bauart. Die Parallelen in ‘The Callisto Protocol’ zu dem 2008 erschienenen ‘Dead Space’ sind nicht zu übersehen. Zudem sind an ‘The Callisto Protocol’ auch viele ehemalige Schaffende des Entwicklerstudios Visceral Games beteiligt. Dieses zeichnete damals für den Horrorklassiker verantwortlich. Zudem ist auch Glen Schofield als leitender Entwickler mit an Bord. Mit dem neuen Studio Striking Distance begibt er sich wie in ‘Dead Space’ wieder in die unendlichen und toten Weiten des Weltraums.
Und mit Parallelen ist vor allem die recht bescheidene Ausgangssituation des spielbaren Protagonisten gemeint. Den Piloten Jacob verschlägt es nach einem Unfall und einem damit verbundenen Missverständnis in ein Weltraumgefängnis. Lange inhaftiert bleibt er jedoch nicht, denn der Knast wird von mutierten Gefangenen überrannt und ins Chaos gestürzt. Jacob ist nun frei und muss sich durch die Massen von Monstern sowie durch das verwinkelte Gefängnis schlagen.
Fantastische Kulisse …
Die Darsteller für diesen Horror-Trip legen eine ordentliche schauspielerische Leistung hin (unter anderem Karen Fukuhara, bekannt aus der Serie ‘The Boys’). Manchmal wirken die Gesichtsanimationen zwar noch etwas steif und ganz lippensynchron ist das Ganze nicht immer, doch unterm Strich erschaffen sie glaubhafte Charaktere. Die Story bleibt leider bis zum Schluss Videospiel-Standard, kann aber einigermaßen fesseln. Und das liegt nicht am Drehbuch oder den Dialogen, sondern der Verknüpfung mit der dichten Atmosphäre.
Man würde denken, dass immergleiche Raumschiffgänge nur für Alien-Fetischisten spannend wären, doch die Entwickler schaffen es, jeden Korridor anders aussehen zu lassen. Generell sind das Artwork sowie die Grafik ein echter Hingucker – eines der schönsten Spiele des Jahres! Das Monster-Design ist wunderbar eklig, und die brutalen (Wahnsinn, dass dieses Spiel ungeschnitten bei der USK durchging) Kill-Animationen machen stets Laune. Doch leider muss man sich diese viel zu oft angucken.
… doch nichts dahinter!
Die Angriffe von Jacob fühlen sich zwar wuchtig an, gleichzeitig denkt man jedoch die meiste Zeit, man steuert einen Panzer. Eine unflexible Bewegung in einem Horror-Spiel ergibt zwar Sinn, ist in diesem Fall aber durch die hektischen Kämpfe äußerst unbefriedigend. So ergibt sich eine einfache Gleichung: Träge Spielfigur + nervig starke Gegner + unfaire Passagen mit endlosen Massen von Feinden = wenig Spielspaß.
Doch das Schlimmste sind die Bosskämpfe. Ein Schlag, und man ist tot, die Bosse wiederum sind nur durch ein viel zu langes Entkommen und ständigem Beschießen zu vernichten. Hinzu kommt, dass diese Gegner recycelt werden und öfters vorkommen. Hier ist nicht verwunderlich, wenn Spieler an dieser Stelle einfach frustriert aufgeben. Und wenn nicht nach diesen Kämpfen, dann an der fehlenden Abwechslung. Denn meist sieht ein Level so aus: Renne von A nach B, vielleicht auch noch mal von B über C nach A, haue die Gegner zu Matsch, während irgendein Mechanismus gerade ein, zwei Minuten lang irgendetwas erledigen muss und Tausende Feinde ankommen. Dann ist man gezwungen, es mit mehreren Anläufen zu probieren, bis man rafft, was die Entwickler genau von einem wollen. Gelungenes Missions-Design sieht anders aus.
Fazit
‘The Callisto Protocol’ ist eine sehr schön anzusehende Geisterbahn, welche auf den Konsolen funktioniert, jedoch auf dem PC (Stand: Anfang Dezember) noch mit vielen technischen Mankos geplagt ist. Das teils sehr nervige Gameplay bricht dem Trip das Genick, denn statt Grusel verspürt man bald nur noch Müdigkeit. Ist eine frustrierende Passage geschafft, fühlt sich dies null befriedigend an.
Mit einer gewissen Frustresistenz kann man dem Spiel jedoch eine Chance geben, denn eine schicke Reise ins All wird vor allem Freunden von Filmen wie ‘Event Horizon’ in grafischer Pracht dargeboten. Den Konkurrenzkampf gegen das Ende Januar 2023 erscheinende Remaster von ‘Dead Space’ hat (sollte der Kontrahent nicht ganz große Schnitzer machen) ‘The Callisto Protocol’ aber leider schon jetzt verloren.
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