Das Cover deutet es bereits an: Alle reißen sich um Lzzy Hale. Die 34-jährige US-Amerikanerin wird nicht nur in schöner (sic!) Regelmäßigkeit zu den heißesten Hühnern im Rock-Geschäft gewählt, sondern genießt unter Fans wie Kollegen einen glorreichen Ruf als derbe Rock-Sau. Dass sie dieses Image auch Outfit-mäßig gerne füttert, erzürnt die #metoo-Aktivisten, amüsiert die Protagonistin allerdings sichtlich.
Entsprechend selbstbewusst klingt VICIOUS: Ein Album, das Halestorm noch mehr in Richtung Radio-Rock rückt. Das ist einerseits nachvollziehbar, weil das kommerzielle Potenzial des Quartetts enorm ist, und andererseits bedauerlich, weil die Band damit freiwillig das gewisse Etwas opfert. Der bisherige Balance-Akt zwischen Leck-Mich-Mittelfinger und charmanter Anbiederung war grandios inszeniert (und unterhaltsam). Geblieben ist die Stimme von Lzzy Hale – und die ist aktuell nicht zu toppen. Was für eine Kraft. Was für ein Ausdruck. Was für eine Röhre.
Manchmal hat man den Eindruck, einem Soloalbum zu lauschen. In vielen Passagen steht Hale sogar zu sehr im Zentrum, weil sich Stimme und Instrumentierung nicht mehr wie auf den Vorgängerlaben auf Augenhöhe begegnen. VICIOUS zementiert den Status von Lzzy Hale als aktuell beste Rock-Sängerin auf dem Markt, repräsentiert aber musikalisch nicht das beste Werk von Halestorm. Da wirkten die letzten Alben um einiges zwingender.