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Scorn

Survival Horror, Ebb Software/Kepler Interactive

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Foto: Ebb Software

Jeder kennt diese Filmszene aus ‘Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt’ (1979), in der die titelgebende Kreatur aus der Brust eines Mannes herausbricht. ‘Scorn’ ist ein bisschen so, nur umgekehrt: Als wäre man durch die Brust des Xenomorph-Aliens in dessen Inneres geklettert und würde nun dort herumlaufen. Aber von vorn: ‘Scorn’ ist ein Videospiel, das sich nur schwer zusammenfassen oder auch nur einem Genre zuordnen lässt. Entwickler Ebb Software und Publisher Kepler Interactive haben das First Person-Game zwar als Survival Horror angekündigt, aber ‘Scorn’ ist mit anderen Spielen dieser Kategorie nicht vergleichbar – oder überhaupt mit irgendwas.

Eintauchen in eine fremde Welt

Der spielbare Protagonist in ‘Scorn’ hat keinen Namen und keine Geschichte – und das steht für das gesamte Spiel. ‘Scorn’ erklärt nichts, kommt ohne sinngebende Schrift aus. Räume sind nicht betitelt, es gibt keinen Dialog, selbst die Werkzeuge im Inventar tragen keine Bezeichnungen, geschweige denn wird Spielern ihre Nutzung erklärt. In ‘Scorn’ ist einfach alles da – wie man damit umgeht, bleibt einem selbst überlassen. Gerade zu Beginn mag das überwältigend sein.

Als halb fleischiges, halb gepanzertes humanoides Wesen erwacht man in einer Welt, die aussieht, als wäre man von etwas Fremdem verschluckt worden. ‘Scorn’ verbindet Fleisch- und Maschinenoptik und schafft es dabei, die Trennlinie nicht immer klar zu ziehen. Was natürlich ist und was gebaut, ist nicht abgesteckt, doch alles funktioniert in beeindruckender Symbiose. Hier kommt die ‘Alien’-Parallele zutage: Das Biopunk-Spiel ist mitunter von der Arbeit des Schweizer Künstlers H. R. Giger inspiriert, der auch am Film-Design beteiligt war.

Halb lebendig, halb Maschine: Die Biopunk-Welt von ‘Scorn’.

Immersives Setting

So ergibt sich eine einzigartige Spielewelt, die zusätzlich von großartigem Sounddesign profitiert. Überall sind knarzende und schmatzende Geräusche, die unterstreichen, was zu sehen ist. Fünf Level oder Story-Akte gibt es in ‘Scorn’. Sie alle sind einzigartig und passen dennoch zusammen. Was von den Entwicklern an Augenmerk in die Optik geflossen ist, zahlt sich aus. Auch ist das Setting wohl der Grund für die Genre-Einordnung: Das Spiel hat eine durchweg düstere Atmosphäre. Der Horror ergibt sich weniger aus einer Geschichte als aus dem konstant Fremden um einen herum.

Die Geschichte selbst ist in ‘Scorn’ nämlich gar nicht so klar. Die Erschaffer der skurrilen Welt sind nicht mehr da. Man durchstreift sie alleine und hat keine Chance, sich die Umgebung von irgendwem erklären zu lassen. Stattdessen versucht man beim Spielen also, sich seinen eigenen Reim aus allem zu machen, während man versucht, überhaupt weiterzukommen. Trotzdem fungiert die Science Fiction-Welt von ‘Scorn’ als Meisterleistung in Sachen indirektes Storytelling.

Düster, detailliert, different.

Weltentdecken durch Puzzle-System

‘Scorn’ setzt bei seinen Maps auf Puzzle. Diese sind an sich nicht unbedingt schwer – teilweise muss nur ein bestimmtes Teil in eine dafür vorgesehene Vorrichtung gedrückt werden. Doch auch simple Steckrätsel und ein recht anspruchsfreies Spielsystem sind spannend, wenn nichts beschriftet ist und man die Reihenfolge, in der man mit der Welt interagiert, selbst herausfinden muss. Zwar sind diejenigen Materialien, mit denen man überhaupt interagieren kann, limitiert und leuchten eindeutig, außerdem haben Vorrichtungen meist nur einen Nutzen, doch langweilig-linear ist ‘Scorn’ trotzdem nicht. Jedes Level funktioniert als erklärungsfreier Escape-Room. Alle Puzzlestücke sind von Anfang an da, nur ohne Anleitung. Und das in einer Welt, die einen dazu zwingt, ständig stehen zu bleiben, um sie genauer zu betrachten.

Fazit

‘Scorn’ bedient sich eher bei Mystery-Elementen als im Horror-Genre. Wem Gore zu viel ist, der wird allerdings auch mit ‘Scorn’ nichts anfangen können. Ein wenig eklig ist die groteske Umgebung, allerdings zeichnet gerade diese das Spiel aus. ‘Scorn’ kommt halb als Kunstprojekt, halb als interaktives Abenteuer daher, und wenn man sich einmal darauf eingelassen hat, funktioniert beides. Die seltsame Welt treibt einen an, immer irgendwie weiterzumachen, alles auszuprobieren. Die Rätsel sind so ausgelegt, dann man erstmal alles anfassen und ausprobieren muss, um am Ende zu verstehen, wie es weitergeht. Ganz vielleicht ergibt sich dabei irgendwann auch ein Sinn – möglicherweise ist es der, zu dem die Entwickler hier und da Hinweise ausgestreut haben, vielleicht ist es aber auch ein eigener. Wirklich festgelegt ist nichts. Nach der zugegebenermaßen nicht übermäßig langen Spielzeit von einigen Stunden steht lediglich fest, dass ‘Scorn’ einzigartig ist und als Spiel selbst flüssig funktioniert.

Darüber hinaus muss man ‘Scorn’ gespielt haben, um es greifen zu können.

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