
Da die prägenden Veröffentlichungen des Genres gleich mehrere Dekaden zurückliegen, kann man im Fall von Steven Wilson ruhigen Gewissens immer noch vom aktuellen Wunderknaben (und obersten Workaholic) des Prog sprechen. Stärker noch als im langjährigen Band-Verbund mit Porcupine Tree, durch seine kreative Partnerschaft mit Opeth oder gar als kompetente Remix-Koryphäe für Klassikerwiederveröffentlichungen von King Crimson bis Yes, hat sich der Brite vor drei Jahren mit seinem dritten Soloalbum, THE RAVEN THAT REFUSED TO SING (AND OTHER STORIES), den vordersten Platz als moderner Prog-Messias gesichert.
Auf HAND. CANNOT. ERASE trägt er die Erwartungsbürde des Nachfolgers mit Gelassenheit und transformiert sie in einen erneuten Triumphzug. Jazz-Ausbrüche, Flöte und Saxophon treten zugunsten einer einprägsamen Pianopräsenz sowie unmittelbareren Einfühlsamkeit in den Hintergrund und legen dabei Songs frei, die behände Pop- und Prog-Strukturen adaptieren sowie schwebend dazwischen changieren. Gastsängerin Ninet Tayeb komplettiert das Bild von Kate Bush als Inspirationsquelle.
Das erzählerische Konzept des Albums folgt ebenso der weiblichen Perspektive – schließlich initiierte die wahre Geschichte der Joyce Carol Vincent, deren Leichnam 2006 erst drei Jahre nach Todeseintritt in ihrem Londoner Apartment geborgen wurde, die gesellschaftskritische Entfremdungsgeschichte der Platte. War der Vorgänger Wilsons zeitgenössische Wiedergeburt für den frei wuchernden Ur-Prog bis Mitte der Siebziger, bereitet HAND. CANNOT. ERASE nun die Transitphase zwischen Prog/Art Rock/Neo-Prog der frühen Achtziger ätherisch wieder auf. Eine erneute Meisterleistung.
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