Ebenfalls schwedischer Besuch findet sich mit Letters From The Colony auch am Sonntag auf der großen Bühne der Essigfabrik ein, nachdem Time, The Valuator und Dhark die geballte Konzertladung des letzten Festivaltags eröffneten. Das skandinavische Quintett spielt sich durch eine Setlist, reich an Songs ihres Anfang des Jahres erschienenen Debütalbums VIGNETTE. Frontmann Alexander Backl beweist dabei eine starke Stimme zu dem mit Detailliebe ausgeklügelten Instrumentalspiel. Bevor sich die überwiegend langhaarigen Herren aus dem Staub machen, braucht es jedoch noch ein Crowd-Erinnerungsfoto für die Mutti.
Nach Eden Circus und Adimiron übernehmen Lake Cisco und tänzeln leicht locker auf der Grenze zwischen Prog Rock und Indie. Dabei sind sie vielleicht sogar die ausgefallenste Band des Festivals. Wer sich nach einem Album der Musiker sehnt, sollte mit einem Plattenvertrag um die Ecke kommen. Neues Material sei nämlich am Start und erscheine, sobald es ein neues Label gäbe.
Quietschbunter Frohsinn
Fix darf man im Anschluss wieder zur vorderen Stage zurück pendeln, wo Organized Chaos bereits fröhlich bunt den Raum erhellen. Ob das jetzt am herrlich blau-roten Haupthaar desSaitenspielers, den farbenfrohen Scheinwerfern oder dem experimentell wirkenden Gesang liegt, dessen Vibrato ganz ohne Technik mit der Hand erzeugt wird, darf man selbst entscheiden. Der Auftritt der serbischen Band hinterlässt aber in jedem Fall beste Laune.
Für alle Gegner des überschwänglichen Frohsinns wummert es im Anschluss hart und hässlich ins Gemenge. Ihre Gestalt halten Humanity’s Last Breath zunächst verdeckt. Es zeigt sich lediglich hin und wieder eine schwarze Kapuze aus dem Nebel hervorblitzend dem Publikumsauge.
Ein instrumentales Finale
Headliner und Schlusslicht des Euroblast Festival 2018 sind Long Distance Calling. Seit ihrer Gründung 2006 haben sich die Münster Postrocker hierzulande mit mehreren Studioalben bereits einen Namen gemacht. Die Band kehrte mit ihrem aktuellen Werk BOUNDLESS zu ihren wortlosen Wurzel zurück, nachdem die beiden Vorgänger Gesangsparts enthielten. Zwar können Long Distance Calling mit ihrer Musik sehr abwechslungsreiche Klangwelten erschaffen, dennoch hätte sich der ein oder andere Besucher als Headliner des letzten Tages vielleicht noch eine krachigere Djent-Band gewünscht. So geschah der umjubeltste und lautstärkste Abschied an diesem Abend wohlmöglich gar nicht vor einer der Bühne, sondern draußen neben dem Merchstand, wo mit Beifall und Jubelrufen die letzten Überreste Keksteig verkauft wurden.
Die Legende besagt,…
…dass niemand je ohne eine neue Bandneuentdeckung vom Euroblast zurückgekehrt ist. Ein Blick auf die erneut runtergerockte Mine des Schreibutensils kann dies bestätigen. Alle, die also auf der Suche nach neuen Klangwelten oder Gleichgesinnten sind, von denen kaum jemand nicht für einen freundlichen Musikplausch zu haben wäre, sollten sich die fünfzehnte Ausgabe des Progressive Festivals schon einmal dick auf der To Do Liste vermerken.