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Iron Maiden: SENJUTSU Reviews

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Das Formale gleich vorab: SENJUTSU beinhaltet zehn Songs, der kürzeste (‘Stratego’) ist exakt fünf Minuten lang, der längste Track kratzt an der 13-Minuten-Marke (‘The Parchment’). Eröffnet wird der über 80-minütige Reigen vom Titel-Song, der uns behäbig auf eine Reise mitnimmt, bei der Iron Maiden zeigen, dass sie viele Dinge nach wie vor besser können als die oftmals jüngere Konkurrenz. Allem voran kann Dickinsons Gesang, streckenweise gedoppelt, nach wie vor qualitativ und ausdrucksstark glänzen. Viele der Songs präsentieren sich oft gemäßigter, teilweise progressiv, was aber nicht die inhaltliche Dichte beeinträchtigt. Leicht verwirrend klingen die ab und zu eingesetzten Keyboard-Flächen, die den Songs einen minimalen Soundtrack-Charakter verleihen.

Es bedarf vieler Hördurchgänge, um das 17. Album in seiner epischen Gänze ansatzweise zu verstehen, geschweige denn alle Maiden-typischen Merkmale, die definitiv hörbar sind, auch wahrzunehmen. Allein die letzten drei Songs des Albums ­(‘Death Of The Celts’, ‘The Parchment’ und ‘Hell On Earth’), die alle jenseits der zehn Minuten liegen, sind derart vielschichtig, dass ich über jeden einzelnen eine eigene Rezension verfassen könnte. Fazit: Meine Befürchtung, ein mittelmäßiges Iron Maiden-Album zu erhalten, das ausschließlich mit Zitaten der letzten drei Scheiben arbeitet, hat sich nicht bestätigt. Dennoch: Es erfordert seitens der Fans einiges an Arbeit, sich SENJUTSU zu erschließen. Doch dann wird es ein wirklicher Hörgenuss, der 2021 nicht mehr von vielen Bands zu erwarten ist. Respekt! Thorsten Zahn (6,5 Punkte)


SENJUTSU ist der Schmelztiegel aller Iron Maiden-Studio­alben seit dem Jahr 2000. Die Epik von BRAVE NEW WORLD, die Orchestrierung von DANCE OF ­DEATH, das Progressive von A MATTER OF LIFE AND DEATH, die Vielfalt von THE FINAL FRONTIER und das Ausmaß von THE BOOK OF SOULS. Nun bewegten sich diese Veröffentlichungen aber in Wellen, was ihre Popularität bei den Fans angeht. Großartig, diskutabel, spannend, zerfahren, klasse – ein schlechter Stand also für SENJUTSU, zumal sich darin eben auch vordergründig Elemente der weniger beliebten Alben finden. Keine Frage: Hier hätte man manchen Song raffen können (‘The Parchment’!), dort auf einen weiteren Instrumentalteil verzichten dürfen, die Song-Reihenfolge noch mal überdenken sollen, und, ja, so ein Doppelalbum ist lang und fordernd.

Raritäten und Klasse

Aber: So klingen Iron Maiden seit nunmehr zwanzig Jahren. Knackige Vierminüter wird es von den gestandenen Songwritern wohl in der Masse nicht mehr geben (auch, weil drei Gitarristen auf ihre Soli kommen wollen). Was die Band an Melodien, Harmonien, Dynamik und Geschichten hervorbringt, kopiert niemand, niemand (!) auf diesem Niveau. Dass die ganz großen Refrains auf SENJUTSU eine Rarität sind, ist ebenso ein Schwachpunkt des Albums wie seine maue Produktion, der es auffallend oft misslingt, Bruce Dickinson ins rechte Licht zu rücken. Dass man trotzdem dranbleibt und das Album mit jedem Hören wächst (selbst der sperrige Einstieg entpuppt sich plötzlich als mächtiges Epos), beweist die anhaltende Klasse der Band und der Songs. Wer das erkennen kann, wird mit erfüllenden anderthalb Stunden Musik belohnt. Sebastian Kessler (5,5 Punkte)

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Ich habe wirklich versucht, mir dieses Album schönzuhören. Ihm über Kopfhörer und Anlage gelauscht, es an verschiedenen Tagen in unterschiedlichen Stimmungslagen probiert. Ich habe ihm die Chance gegeben, zu wachsen, einen Aha-Moment zu erzeugen, durchzubrechen. Ich wollte SENJUTSU mögen. Doch leider fällt mir das noch immer schwer. Die Probleme fangen beim Einstieg an: Wieso stellt man ein derart behäbiges Lied an den Beginn? Zwar gibt es auf dem Gesamtwerk kein einziges Stück, das mich gänzlich begeistert, doch das ein oder andere aufgewecktere Lied (‘Stratego’, ‘The Writing On The Wall’) hätte sich besser als Dosenöffner geeignet als diese lahme Ente eines Titel-Tracks. Überhaupt scheinen Iron Maiden über weite Strecken bewusst auf der Bremse zu stehen:

Neben der weitgehenden Absenz jedweder Hooks, memorabler Riffs, erhebender Refrains und mitsingbarer Passagen – kurz: allem, was man an dieser Band liebt – dominieren behäbiges Midtempo, progressive Strukturen und ausladende Instrumentalphasen das Geschehen und fallen stellenweise Probleme bei der Abmischung sowie Bruce Dickinsons Gesang auf, der in den Höhen bemüht-gepresst statt kraftvoll klingt.

Stumpfe Klinge oder eigene Liga?

Das Beste sind die an DANCE OF DEATH erinnernden Momente in ‘Lost In A Lost World’, ‘The Time Machine’ und ‘The Parchment’ sowie der ordentliche Abschluss ‘Hell On Earth’, der zur Reflektion anregt und eigentlich die Vorfreude auf einen weiteren Durchgang wecken sollte. Ein paar Mal werde ich es noch versuchen, doch ich muss ehrlich sagen: Mir ist und bleibt SENJUTSU zu verkopft, zu langatmig, zu ausladend und damit unterm Strich einfach zu egal. Statt eines die Luft zerteilenden Samurai-Schwerts bescheren uns Maiden eine detailreich gearbeitete, aber stumpfe Klinge, die bereits Rost angesetzt hat. Weniger schmerzhaft ist der Stich ins Herz deshalb nicht. Katrin Riedl (3,5 Punkte)


Gewisse Teile ihrer Hörerschaft scheinen Iron Maiden aufgrund im Alter fortgeschrittener Progressivität und des Hangs zum Aus­ufernden bereits mit THE BOOK OF SOULS verloren zu haben. Sechs Jahre später setzt das zweite Doppelalbum in der Karriere der Briten keineswegs zur Kehrtwende an. Angefangen vom Shanty-haften Refrain des einführenden Titel-Tracks über das spanische-Gitarrenintro der ersten Single ‘The Writing On The Wall’ bis hin zum ‘Lady In Black’-Lagerfeuervorspiel von ‘Lost In A Lost World’ bedient sich die Band verstärkt im globalen musikalischen Fundus folkloristischer Figuren, während Dickinson mit etlichen heroisch guten Gesangsmelodien (allen voran ‘The Time Machine’) glänzt. ‘Death Of The Celts’ ist dabei durchaus auf Augenhöhe mit klassischen Maiden-Zehnminuten-Epen der Vergangenheit, und der Teil des Songs, in dem Harris’ dribbelnder Bass vor dem einsetzenden Gitarrengewitter die Bühne dominiert, beifallswürdig.

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Mäkler mögen (nicht zu Unrecht) die gewohnt muffige Produktion von Kevin „Caveman“ Shirley oder das überwiegende Verweilen im Midtempo-Segment bekritteln sowie (nicht ganz zu Unrecht) auf das manchmal vorhandene Missverhältnis von Song-Ideen gegenüber deren Spiellänge verweisen. Und, ja, zugegeben, die kreative Ödnis von ‘The Parchment’ ist ein dramaturgischer Stolperstein und ein ziemlich zielloses Saiteninstrumentalisten-Bukkake, dessen es nicht bedurft hätte. Vor allem nicht, weil Maiden in ‘Hell On Earth’ an­schließend noch mal mit so viel mehr Esprit und Aplomb auf den Putz ­hauen und damit zum Finale beweisen, dass sie allen etwaigen Kritikpunkten zum Trotz noch immer in ihrer ganz eigenen Liga spielen. Frank Thiessies (6 Punkte)

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Wertschau: Bruce Dickinson

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