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Need For Speed

Games, Ghost Games / Electronic Arts - PS4, Xbox One

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Alte Tugenden, neue Ideen

Die Ausgangslage ist prinzipiell ordentlich: Mit der Frostbite 3-Engine bedient sich auch der neue Serienableger dem Grafik-Arbeitstier von Dice, das erneut prachtvolle Kulissen bei weitestgehend stabilen 30 Bildern pro Sekunde auf den Bildschirm zaubert. Ausschließlich bei Nacht und Regen, ganz wie in den ruhmreichen Ablegern Need For Speed: Underground und Need For Speed: Underground 2 rast man mit bis zur Unkenntlichkeit getunten Straßenfahrzeugen und Luxus-Flitzern über die Straßen einer offenen Welt, duelliert sich in Drift-Wettbewerben, Sprint-Rennen, Torgue-Auseinandersetzungen oder Gymkhana-Parcours. Das Ziel: Viel Reputation, viel Geld, viele Fahrzeuge.

Die Kernwerte bekommt EA dabei gut auf die Straße: In der Werkstatt können die Fahrzeuge optisch aufs brutalte getuned werden und in absurde Straßen-Raumschiffe verwandelt werden. Auch unter der Haube kann so ziemlich jedes Bauteil ausgetauscht und verbessert werden. Neue Verbesserungen, Spoiler oder Frontschürzen können über erlangte Reputation und Raser-Level freigeschaltet werden, die man bei waghalsigen Fahrmanöver, Stunts und gewonnene Rennen sammelt.

Viel Tuning, wenig Anspruch

Cool: Es gibt einen umfangreichen Decal- und Aufkleber-Editor, bei dem, ähnlich wie bei Mindight Club: Los Angeles, das Äußere des Wagens vollständig umgestaltet werden kann. Bitter: die kitschig-obligatorischen Unterbodenbeleuchtungen fehlen. Zudem finden nur fünf Boliden in der Garage Platz – laut den Entwicklern um eine engere Bindung zu den einzelnen Fahrzeugen zu schaffen. Klingt logisch, schränkt aber etwas ein, da der Fuhrpark vom preiswerten Golf GTI von 1977 bis zur Luxuskarosse Ferrari F40 reicht.

Ebenfalls schön: es gibt einen ausführlichen Tuning-Bereich, in dem das Handling der Fahrzeuge en Detail angepasst werden kann – oder einfach per Hauptregler auf Drift oder Grip optimiert werden kann. Das ändert das Fahrverhalten spürbar, dass sich jedoch dennoch nur auf einem sehr oberflächlichen Arcade-Level bewegt. Hier bot ein The Crew oder ein Racedriver: Grid mehr, allerdings sollte man von Need For Speed eben auch keine Simulations-Eskapaden erwarten. Sehr schade: Es gibt zwar Polizei, diese geht aber viel zu harmlos und reserviert gegen die Raser vor und sind eher ein Problem im Rückspiegel, als für die Rennlinie.

Die schlimmsten Video-Sequenzen aller Zeiten

Was man allerdings auch nicht erwarten konnte ist die Tatsache, dass die Entwickler es geschafft haben die „Handlung“ des Rasers in dermaßen albern-dilletantische Realfilm-Zwischensequenzen zu verpacken, dass selbst der serieneigene Kinofilm daneben wie ein Oscar-Kandidat wirkt. Aus der Ego-Perspektive beobachtet man mittelmäßig begabte Laienschauspieler dabei, bemüht cool zu wirken, bemüht coole Kleidung zu tragen und bemüht coole Frisuren zu haben.

Keiner der Charaktere wirkt dabei auch nur ansatzweise authentisch und selbst der durchschnittliche Porno-Dialog („Warum liegt denn da Stroh“) hat erheblich mehr Gehalt als dieser Quatsch. Ja, Fast & Furious 7 war verdammt erfolgreich. Nein, eure Lappen-Raser sind nicht im Ansatz würdig, auch nur im gleichen Satz wie Vin Diesel, Michelle Rodriguez und Paul Walker genannt zu werden.

Ebenfalls extrem nervig: Neue „Story“-Events ploppen auf der Übersichtskarte nur auf, wenn man von einem Kumpel angerufen wird. Ja, richtig gelesen – Ghost Games hat sich das vermutlich nervigste Feature aller Zeiten von GTA 4 abgeschaut und als Hauptbestandteil des Missionsdesigns von Need For Speed verwurstet. Jederzeit rechnet man damit, dass nach dem Klingeln ein „Cousin! Let’s go Bowling!“ aus den Lautsprechern schallt.

Always Online, always ohne Cockpit

An anderer Stelle macht Need For Speed aber eine durchweg gute Figur: Die Rennen sind abwechslungsreich gestaltet und ähnlich wie bei den Underground-Teilen macht das Tunen, Basteln und freie Rasen richtig Spaß, zumal zum Testzeitpunkt die dauerhaft notwendige Verbindung zu den EA-Servern störungsfrei und reibungslos möglich war. Diese wirkt zwar, ähnlich wie bei The Crew, etwas aufgesetzt und unnötig, da man so Spieler ohne Playstation-Plus-Account aussperrt, führt aber zu witzigen Zusammentreffen von menschlichen Rasern innerhalb der Spielwelt.

Auch die Motivation stimmt – es gibt viel zu verdienen, viele Stufen aufzusteigen und unfassbar viele Bauteile, die für die Werkstatt freigeschaltet werden können. Zwar hat man nach 15 Stunden fast alles erreicht, aber der Weg zum Ferrari F40 (dem teuersten Luxus-Flitzer im Spiel) ist durchaus unterhaltsam.

Es hapert wie so oft verstärkt im Detail: Warum gibt es eigentlich keine Cockpit-Perspektive, wenn es doch (sichtbar) modellierte Innenräume gibt? Wieso gibt es Foto-Missionen, die nichtmal halb so spektakulär inszeniert sind wie die Fotoshootings in den Underground-Teilen? Und warum genau hat man sich bloß für dieses Menüdesign aus der Hölle entschieden, das besonders beim Bekleben und Tunen der Fahrzeuge immer wieder für Frustmomente sorgen kann?

Fazit

Need For Speed bietet gute Arcade-Rennen in einer tollen Kulisse, hat einen interessanten Fuhrpark und tolle Tuning-Möglichkeit, macht im Detail aber trotzdem zu wenig aus seinen Möglichkeiten. Die gelungene Rückbesinnung auf Tuning, Nachtrennen,  und Fast And The Furious-Charme werden durch unmögliche Zwischensequenzen, sperrige Menüs, eine unnötige Dauer-Verbindung zu den EA-Servern und eine fehlende Cockpit-Perspektive Ausgebremst. Ja, das Basteln, Rasen und Leveln macht Spaß – und vor allem Hoffnung auf kommende Serienteile. So gut wie die Konkurrenz in Form von Forza: Horizon oder The Crew ist man aber bei weitem noch nicht, auch wenn Pause und Neustart der Marke spürbar frischen Wind verliehen haben.


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