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The Gems: Wie ein Phönix aus der Asche (Interview)

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Aller (Neu-)Anfang ist schwer: Als Thundermother im Schlepptau der Scorpions und Whitesnake die Rock-Welt zu erobern versprachen, zerbrach die Band plötzlich. Während Bandchefin Filippa Nässil die Kombo in neuer Besetzung fortführt, machen die ehemaligen Musikerinnen Guernica Mancini (Gesang), Mona Lindgren (Bass/Gitarre) und Emlee Johansson (Schlagzeug) als THE GEMS weiter. Guernica und Mona gewährten METAL HAMMER Einblick in ihr neues Band-Projekt, erklärten, was in Zukunft bei ihnen anders laufen wird, und wann mit einer ersten Veröffentlichung gerechnet werden kann.

METAL HAMMER: Unmittelbar, nachdem ihr nicht mehr Teil von Thundermother wart, habt ihr mit The Gems eine neue Band ins Leben gerufen. War euch von Anfang an klar, dass ihr gemeinsam als Trio weitermachen wollt?

Mona: Es war ein natürlicher Prozess. Wir befanden uns etwa drei Tage in einer Art Schwebezustand. Dann haben wir uns gegenseitig gefragt: ‘Wie sieht es aus? Wollt ihr noch immer gemeinsam Musik machen?’ Ich habe Guernica gefragt, ob sie überhaupt noch Teil einer Band sein oder sich vielleicht doch lieber auf ihr Soloprojekt konzentrieren will. Aber uns war relativ schnell klar, dass wir auch weiterhin zusammenarbeiten wollen. Teamwork ist das Beste. Wir alle haben es immer genossen, in Bands zu spielen.

Guernica: Nachdem unsere Zeit bei Thundermother vorüber war – wir waren schließlich nicht bereit, aufzugeben, nicht einmal nah dran –, haben wir einfach versucht, das Beste aus unserer Situation zu machen. Wir harmonieren perfekt miteinander, beruflich wie freundschaftlich. Alles hat zu jeder Zeit hundertprozentig gepasst. Und ganz egal, wie traurig wir waren und es manchmal noch immer sind: Wir haben einander und die Energie, für das zu kämpfen, woran wir glauben – die Musik, die wir lieben.

 METAL HAMMER: Der Bruch mit Thundermother kam zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt. Zuvor habt ihr mit den Scorpions und Whitesnake eine erfolgreiche Arena-Tour in den USA gespielt. Es schien ganz so, als hätte euch eine glorreiche Zukunft bevorgestanden…

Guernica: (lacht) Danke, dass du den Finger in die Wunde legst. Wir sind überaus glücklich über das, was wir gerade gemeinsam erschaffen. Trotzdem war das natürlich ein schwerer Schlag, von dem wir uns nur langsam erholen. Wir haben die Band zu viert aufgebaut und Herzblut in die Sache gesteckt. Das zu verlieren, tat weh. Es war schmerzhaft und brutal. Ich hoffe, diese Narben verblassen eines Tages. Aber wir geben die Hoffnung nicht auf und arbeiten hart an The Gems, damit wir – hoffentlich – im kommenden Jahr wieder als Supportact auf unsere nächste Arena-Tour gehen können.

METAL HAMMER: Obwohl ihr einen so herben Niederschlag erlitten habt, klingt ihr ziemlich positiv.

Mona: An manchen Tagen macht es mich traurig, dass ich Thundermother verlassen habe. Ich denke, das war für uns alle eine emotionale Achterbahnfahrt. Und manchmal denke ich an all die Opfer und Hingabe, die ich aufgebracht habe – daran, was ich versucht habe, mit Thundermother aufzubauen und zu erreichen. Es ist, als wäre uns plötzlich all das entglitten.

Guernica: Wir haben hart gearbeitet. Aber wir wollen nicht im Negativen verweilen. Ich will ehrlich sein: Letzte Nacht war ich den Tränen nahe. Es ist wirklich ein Auf und Ab. Ich bin eine sehr emotionale Person. Und wir alle gehen damit auf unterschiedliche Weise um. Aber wenn wir das tun, was uns gefällt, mit den Personen, die uns nahestehen, in einer dramafreien und entspannten Umgebung, dann fühlt es sich gut für uns an.

METAL HAMMER: Schlägt sich das emotionale Durcheinander auf dem anstehenden The Gems-Album nieder?

Mona: (grübelt) Ich denke schon.

Guernica: Als Künstler oder kreative Person ist das die Art, auf die man mit seinen Gefühlen umgeht. Wir sind bereit, die Geschichten zu erzählen, die uns auf dem Herzen liegen. Man heilt den Schmerz, indem man etwas Neues aus seinen negativen Erfahrungen kreiert. Das ist wunderbar.

METAL HAMMER: Sowohl auf HEAT WAVE (2020) als auch BLACK AND GOLD (2022) waren Guernica und Emlee am Songwriting beteiligt. Lässt sich deine Handschrift in den Songs von The Gems auch finden, Mona?

Mona: Natürlich. Wir haben bisher drei Songs geschrieben. Und sobald wir mit den Aufnahmen fertig sind, werden wir weitere Lieder schreiben. Außerdem komponiere ich nebenbei sehr viel Musik für mein Soloprojekt DeMona und etwas Soul-Musik für eine Freundin. Ich liebe es, tiefgründige Lyrics und packende Melodien zu schreiben.

METAL HAMMER: Das ist nicht die einzige Veränderung. Bei Thundermother hast du Bass gespielt. Bei The Gems bist du nun die Gitarristin. War das eine große Umstellung?

Mona: Überhaupt nicht. Ich spiele Gitarre, seit ich neun Jahre alt bin. Als Freelancer-Gitarristin habe ich mit vielen unterschiedlichen Solokünstlern in Schweden zusammengearbeitet. Bass habe ich nur gelernt, um mit Thundermother aufzutreten. Ich habe also nie wirklich die Instrumente gewechselt, weil ich parallel immer Gitarre gespielt habe. Das Bassspielen ergänzt lediglich mein bisheriges Repertoire.

METAL HAMMER: Also bleibt ihr mit The Gems euren musikalischen Wurzeln treu?

Guernica: Lass es mich so sagen: Wir haben für uns festgelegt, dass wir Abstand von diesem AC/DC-Sound nehmen wollen. Es ist nicht so, dass wir die Band nicht mögen würden. Aber wir haben genug davon, es weiter musikalisch auszuschlachten. Und wir tragen schließlich darüber hinaus andere Einflüsse mit uns herum. Emlee ist zum Beispiel ein großer Iron Maiden-Fan, also wird ihr Spiel vielleicht Spuren davon enthalten. Oder von John Bonham. Es gibt so viel großartige Musik, von der wir uns inspirieren lassen können. Doch das bedeutet keinesfalls, dass wir dem Classic Rock den Rücken kehren. Wir verpassen unserem Stil damit lediglich einen frischen Anstrich. Und wir werden sehen, wohin uns das führt. (lacht) Aber es wird definitiv keinen AC/DC-Gitarren-Sound geben.

METAL HAMMER: Mit anderen Worten: Ihr schließt damit zumindest ein Stück weit musikalisch mit Thundermother ab?

Guernica: Ich habe das noch nie zuvor in einem Interview gesagt, aber wir werden mit The Gems auch Songs von HEAT WAVE und von BLACK AND GOLD spielen. Bei diesen Alben waren wir schließlich intensiv am Schreibprozess beteiligt. Vor allem BLACK AND GOLD ist so etwas wie unser Baby, das wir nie wirklich aufwachsen sehen konnten. Aber wir wollen unbedingt die Chance nutzen und der Welt unser Schaffen präsentieren. Also werden wir unsere Lieblings-Songs herauspicken und sie auf die Bühne bringen. So haben die Leute immerhin die Möglichkeit, die Songs auf genau die Weise zu hören, wie sie auf dem Album klingen.

Auf zu neuen Ufern: Mit The Gems wagen die ehemaligen Thundermother-Musikerinnen Emlee Johansson (l.), Guernica Mancini (m.) und Mona Lindgren (r.) einen Neuanfang. Das erste Material steht bereits in den Startlöchern.

METAL HAMMER: Stichwort „Live-Auftritte“: Aktuell seid ihr zu dritt. Plant ihr, eine Bassistin in die Band zu holen?

Mona: Das Bassspielen macht mir nach wie vor Spaß. Deshalb werde ich das weiterhin auf unseren Aufnahmen tun. Aber wir werden für die Live-Auftritte jemanden finden müssen, das stimmt.

Guernica: Es wird ähnlich sein wie bei Bon Jovi. Wir suchen jemanden, der mit uns Musik macht, aber kein Teil der Band ist. Es soll unkompliziert sein. Wir drei haben eine solide und respektvolle Beziehung, deshalb suchen wir keine vierte Person.

METAL HAMMER: Dementsprechend habt ihr als Trio euren ersten Song eingespielt?

Mona: Genau. Emlee hat sogar bereits die Drums für den zweiten Song aufgenommen. (lacht) Sie ist eine One-Take-Schlagzeugerin.

METAL HAMMER: Wann wird das Ergebnis zu hören sein?

Guernica: Das Ziel ist, die erste Single im April zu veröffentlichen. Aktuell kümmern wir uns um das ganze Behind The Scenes-Zeug. Die Logistik, mit wem wir zusammenarbeiten und diesen ganzen Kram. Vorher können wir noch kein exaktes Datum festlegen. Aber in unserer Vision ist April realistisch.

Mona: Vielleicht Anfang oder Mitte April.

Guernica: Sollen wir den Namen des ersten Songs verraten?

Mona: Warum nicht? (beide lachen)

Guernica: Der Song wird ‘Phoenix’ heißen.

METAL HAMMER: Eine starke Metapher, bezogen auf die Entstehungsumstände von The Gems.

Guernica: Wir wollten eine hoffnungsvolle und positive erste Single. Es gibt ein Licht am Ende des Tunnels. So haben wir uns gefühlt, als wir durch diese düstere Phase unserer Karriere gekämpft haben.

METAL HAMMER: Und nun steigt ihr wie ein Phönix aus der Asche empor?

Guernica: Genau. Wir wollten das bildlich darstellen und finden, das ist ein starkes Symbol.

 METAL HAMMER: Bleibt nur die Frage: Wenn euer kreativer Fokus auf The Gems liegt, wie ist es aktuell um dein Solovorhaben bestellt, Guernica? Immerhin hast du mit ‘Inception’ im vergangenen Jahr deine erste Single veröffentlicht.

Guernica: Ich arbeite parallel zu The Gems noch immer an meiner Solokarriere. Was mir mit Thundermother widerfahren ist, hat mein Leben ziemlich auf den Kopf gestellt und mich etwas aus der Bahn geworfen. Das hat auch die Planung meiner Soloveröffentlichung negativ beeinflusst. Es verlangt einemschließlich emotional einiges ab, solch eine Zeit durchzumachen. Doch ich versuche so viel zu schreiben, wie ich kann. Ursprünglich wollte ich im März meine zweite Single veröffentlichen. Jetzt bin ich mir diesbezüglich gar nicht mehr so sicher. Trotzdem arbeite ich nach wie vor daran, und der Traum ist, ein Soloalbum zu veröffentlichen.

METAL HAMMER: Demnach hat sich der Schwerpunkt mit The Gems geändert?

Guernica: Absolut. Die Priorität liegt aktuell darauf, The Gems an den Start zu bringen.

Mona: Wir sind Team-Spielerinnen. Wir genießen es, Teil einer Band zu sein. Ich will diese Schwesternschaft, die uns verbindet. Und ich bin froh, dass ich die zwei besten Band-Mitglieder habe, die ich mir je wünschen könnte.

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