Ihren wievielten Frühling erleben Judas Priest eigentlich gerade? Nach dem starken Rob Halford-Comeback ANGEL OF RETRIBUTION waren viele Fans vom laschen, weil zu sehr ins eigene Konzept verliebten NOSTRADAMUS enttäuscht. Erst nach dem Prophetenalbum und dem Einstieg des jungen Gitarristen Richie Faulkner lebten Judas Priest auch live wieder so richtig auf! Ihre kraftstrotzenden Auftritte der 2012er-Tour sind beinahe legendär und deuteten bereits an, dass auch auf einem kommenden Album wieder messerscharfer Metal geschmiedet werden dürfte.
Und die Metal-Urväter werden allen Erwartungen gerecht: REDEEMER OF SOULS kommt einem Judas Priest-Best-of gleich. Und das ist auch das einzige, was man REDEEMER OF SOULS vorwerfen könnte: Ein wenig fehlt ihm – für Priest-Alben ungewöhnlich – die eigene Identität. Aber ist das ein wirklicher Kritikpunkt angesichts der massiven Metal-Macht dieser Band? Mitnichten! Jeder einzelne der 13 Songs ist ein Hit und Loblied auf alles, was Metal auszeichnet: Anpeitschende Riffs, flirrende Soli, die regelmäßig für Gänsehaut sorgen, Melodien, die sich tief ins Hirn fräsen – und über allem thront die Stimme von Metal-God Rob Halford.
Die ganz extremen Höhen meidet der Sänger zumeist; das ist aber schlichtweg ehrlich und verschmerzbar, da auch in gemäßigter Stimmlage jedes seiner Worte Religion ist. Die Rundreise durch die Diskografie führt vorbei an schnellen Metal-Hymnen der Marke PAINKILLER und SCREAMING FOR VENGEANCE (‘Dragonaut’, ‘Metalizer’), soliden Geradeaus-Rockern wie zu BRITISH STEEL-Zeiten (‘March Of The Damned’, ‘Down In Flames’) und führt mit dem groovig-wabernden ‘Crossfire’ weit in die Blues-Vergangenheit der Band zurück. Klar, nicht ohne die obligatorischen metallischen Spitzen! ‘Cold Blooded’ erinnert an ‘(Take These) Chains’, das düster-doomige ‘Secrets Of The Dead’ geglückterweise mehr an Black Sabbath als ‘Lochness’, und mit ‘Halls Of Valhalla’ sowie ‘Swords Of Damocles’ rücken Judas Priest auch wieder in epische Sphären vor – rocken aber mehr auf den Punkt als noch bei NOSTRADAMUS. So kampfeslustig wie in ‘Battle Cry’ klangen die Briten seit ‘One Shot At Glory’ nicht mehr!
Dank viel Liebe zum Detail und jeder Menge Seele wird REDEEMER OF SOULS nicht zur bloßen Werkschau, sondern ist Statement: So stark sind Judas Priest jetzt, hier, heute – und wenn die Metal-Götter uns gnädig sind, noch für lange Zeit. Sollte es jedoch das letzte Album sein, wäre es ein würdiger Abschied.
—
Rund 100 aktuelle Reviews findet ihr in unserer August-Ausgabe.
Das Heft kann einzeln und innerhalb von Deutschland für 5,90 Euro (inkl. Porto) per Post bestellt werden. Einfach eine Mail mit dem Betreff „Einzelheft Metal Hammer 08/14“ und eurer Adresse an einzelheft@metal-hammer.de schicken.
Generell können natürlich alle Hefte auch einzeln nachbestellt werden – alle Infos dazu findet ihr unter www.metal-hammer.de/einzelheft.
—
Bestens informiert über dieses und alle weiteren wichtigen Themen im Metal bleibt ihr außerdem mit unserem Newsletter. Ein Mal pro Woche flattert euch übersichtlich sortiert ein Update ins Postfach. Einfach anmelden, damit euch auch sicher nichts entgeht.
ÄHNLICHE KRITIKEN
Judas Priest :: INVINCIBLE SHIELD
Stone Sour :: HYDROGRAD
Long Distance Calling :: Trips
ÄHNLICHE ARTIKEL
Rob Halford vermisst Glenn Tipton auf der Bühne
Judas Priest-Sänger Rob Halford vermisst live Glenn Tipton, seinen langjährigen Wegbegleiter an der Gitarre.
Album des Monats 05/2024: The Vision Bleak WEIRD TALES
The Vision Bleak wurden METAL HAMMER-Soundcheck-Sieger und konnten unter anderem My Dying Bride, Accept und Dool auf die Plätze verweisen.
Glenn Tipton: "Diese Krankheit wird mich nicht besiegen."
Glenn Tipton gibt sich kämpferisch, was seine Parkinson-Beschwerden angeht. Der Judas Priest-Veteran glaubt nicht daran, klein beizugeben.