Ich schätze Lacuna Coil nicht nur wegen der stimmlichen Qualität, sondern auch ob des schrankenlosen Denkens. Letzteres hat zwar nicht immer zu befriedigenden Ergebnissen geführt (SHALLOW LIFE übertrieb es 2009 beispielsweise mit den Schunkelsperenzchen), erhöht aber stets die Spannung im Vorfeld einer neuen Veröffentlichung. Mit DARK ADRENALINE (2012) nahmen die Italiener endgültig Kurs auf Korn und den US-amerikanischen Markt. Platz 15 in der Billboard-Bestenliste war der Lohn.
Diese Marschrichtung wird auf BROKEN CROWN HALO beibehalten und auch von Produzent Jay Baumgardner (unter anderem Papa Roach und Evanescence) namentlich unterstützt. Von den ursprünglichen Wurzeln ist nur noch die unterschwellige, düstere Grundatmosphäre geblieben. Der Rest setzt auf erwähnte moderne Klänge, die speziell in Übersee Chart-Erfolge garantieren.
Das entfaltet durchaus seinen Reiz: Wenn Christina Scabbias elegante Stimme an New Metal-Grooves zerbricht und das Szenario anschließend durch breit orchestrierte Melodiebögen aufgefangen wird, fließen die Welten von Pop und Rock höchst geschmeidig ineinander. Es gibt diesbezüglich kaum eine Band mit Frontfrau, die dieser Band das H2O reichen kann.
Weniger packend wird es, wenn sich Lacuna Coil an alternativen Radio-Rockern versuchen (‘Zombies’ ist so ein Fall), die einerseits recht nichtssagend im Ohr verklingen, und andererseits noch – verstörenderweise – von Andrea Ferro zergrunzt werden. Denn, ganz ehrlich: Der männliche Gegen-Part von Scabbia wirkt mit seinem (noch sehr im Gothic Metal früherer Tage verorteten) Stimmansatz in diesem Sound doch eher wie ein Fremdkörper. Die Ambivalenz bei Lacuna Coil bleibt also in diversen Kategorien erhalten.
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