Judas Priest gehen peu à peu in Rente. Das ist traurig, doch die britische Pensionskasse kann ab sofort ruhigen Gewissens in die Hände von Grand Magus überantwortet werden. Während sich eine Heerschar von Metallern über das Erbe der mittlerweile alternden (oder verblichenen) Götter wie Black Sabbath oder Dio hermacht, zücken die drei sympathischen Schweden ihre Äxte und schlagen eine verheerende Schneise durch die Reihen der Konkurrenz. IRON WILL (2008) war schon groß, zwei Jahre später getoppt von dem hymnischen HAMMER OF THE NORTH.
THE HUNT repräsentiert nun die definitive Kampfansage im Wettbewerb um das traditionelle Vermächtnis: ganz großes Metal-Kino mit jeder Menge Pathos, aber ohne Patina. Das Trio spielt klassischen Metal und paart ihn mit den erdigen Sporen des Doom sowie verführerisch hymnenhaften Chören, die direkt im ersten Anflug die Lauschlappen in Besitz nehmen. Hier dürfen dann gerne auch mal rockige Züge angenommen werden. Wo wir wieder bei Judas Priest und ihren Alben SAD WINGS OF DESTINY (1976), SIN AFTER SIN (1977) sowie BRITISH STEEL (1980) wären.
Die Bauweise der Songs ist ähnlich: Auf THE HUNT geht es nicht um Geschwindigkeit, Superman-Metal der Marke Manowar (‘Valhalla Rising’ zeigt, wie Helden-Mythen ohne Peinlichkeit in Szene gesetzt werden können) oder aufgesetzte Teufelshörner, sondern um genau jene Inhalte, die den Heavy Metal einst und bis heute so groß gemacht haben: epische Songs, immense Wucht, gepaart mit größtmöglichem Singalong-Faktor und geschmackssicheren Soli. Wer den Opener ‘Starlight Slaughter’, das Titellied, ‘Storm King’ oder ‘Iron Hand’ einmal durch seinen Nacken zucken ließ, weiß, wovon wir reden. Grand Magus zeigen mit THE HUNT, wie man epischen Heavy Metal intonieren kann, ohne gleich ins Schlagerfach abzugleiten. Das scheint derzeit die größte Hürde zu sein, wenn man den Kreis der Mitbewerber betrachtet.
Dazu kommt das grimmige, aber erstaunlich vielseitige Timbre aus dem Brustkorb von Frontmann Janne „JB“ Christoffersson. Die fast schon Cash-artige Ballade ‘Son Of The Last Breath’ belegt das ganze musikalische Spektrum dieser Band, die sich innerhalb von sechs Alben den Weg aus kauzigen Doom-Höhlen hin zu schillernden Metal-Rittersälen erstritten hat. Grand Magus mögen traditionellen Metal spielen, aber die Art und Weise, wie sie ihn interpretieren, verleiht dem Ganzen eine enorm frische und (angenehm) unpeinliche Komponente. Genau derart unverkrampfte Musiker sind es, die das Erbe unserer aller liebsten Musikrichtung in die jüngeren Generationen weitertragen.
Bleibt zu hoffen, dass der kürzlich bekannt gegebene Wechsel am Schlagzeug keine musikalischen oder atmosphärischen Auswirkungen haben wird. Denn dieses Material ist prädestiniert für die Bühne und sollte auf jedem Festival zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen die Kehlen zum Glühen bringen. Jagdsaison erfolgreich, Hörer erlegt, Soundcheckthron (nach HAMMER OF THE NORTH bereits zum zweiten Mal) erobert. Waidmanns Dank!
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